Ein Forscherteam in London hat die Erlaubnis erhalten, das menschliche Genom auf Dauer zu verändern. Die manipulierten Embryos dürfen aber keiner Frau eingesetzt werden.

Stuttgart - Großbritannien hat erstmals die Genmanipulation an menschlichen Embryos erlaubt. Den entsprechenden Antrag hatte die britische Wissenschaftlerin Kathy Niakan vom Francis Crick Institute im vergangenen Herbst gestellt: Mit ihrer Forschung wolle sie untersuchen, welche Gene in der frühen menschlichen Entwicklung wichtig sind. Niakan möchte die Gene identifizieren, die in den ersten Tagen nach der Befruchtung in einem Embryo die Entwicklung steuern. Die Genetikerin hofft damit Faktoren zu ermitteln zu, die bei Fehlgeburten eine Rolle spielen – um diese in Zukunft möglicherweise verhindern zu können.

 

Die zuständige britische Kontrollbehörde Human Fertilisation and Embryology Authority (HFEA) erlaubt dem Team um Niakan nun Versuche mit menschlichen Embryos, die wenige Tage alt sind und die bei der künstlichen Befruchtung übrig geblieben sind. Sie wurden von den Frauen gespendet. Spätestens nach zwei Wochen müssen die manipulierten Embryos vernichtet werden, keinesfalls dürfen sie sich weiterentwickeln, so die Behörde.

Möglich wird die gezielte Manipulation durch die Methode CRISPR, die Fluch und Segen zugleich ist. Sie ist einfach, billig, schnell und präzise. Man kann mit diesem Verfahren, das erst vor drei Jahren entwickelt wurde, Gene beliebig manipulieren: Man kann sie ins Erbgut einbauen oder daraus entfernen, sie an- oder ausschalten. In der grünen Gentechnik lassen sich damit Pflanzen züchten, die nicht mehr vom Wildtyp als genmanipuliert unterschieden werden können – damit werden keine fremden Gene in die Natur entlassen, wenn man die Pflanzen auswildert.

Bisher waren die gentechnischen Werkzeuge zu grob

Große Hoffnungen gibt es auch in der roten Gentechnik: Möglicherweise könnte die Gentherapie eine Renaissance erfahren. Bis jetzt scheitert der Austausch kranker Gene bei Patienten mit seltenen Erbkrankheiten am groben gentechnischen Werkzeug. Das könnte sich mit der präzisen Methode ändern. Doch ebenso gezielt kann man damit das Erbgut von Embryonen manipulieren. Das ist ein Eingriff in die Keimbahn, das manipulierte Erbgut wird an die Nachkommen weitergegeben.

Bereits im Jahr 2015 teilten chinesische Forscher an der Yat-sen-Universität in Guangzhou mit, dass ihnen erstmals bei mehreren Embryos aus einer Fruchtbarkeitsklinik die Veränderung eines fehlerhaften Gens gelungen sei, das für eine potenziell tödliche Blutkrankheit verantwortlich gemacht wird. Sie räumten allerdings große Schwierigkeiten ein und forderten eine Weiterentwicklung der Methode. Die Nachricht hatte eine heftige Debatte über die ethischen Grenzen derartiger Genmanipulationen ausgelöst. Erst vor wenigen Wochen hatten sich führende Forscher bei einem Treffen in Washington auf eine Empfehlung geeinigt, die Genmanipulation von Embryos vorerst zu unterlassen. Der Engriff in die Keimbahn, so die Wissenschaftler, sei eine Grenze, die erst überschritten werden dürfe, wenn es einen breiten gesellschaftlichen Konsens dazu gebe. Nun prescht Großbritannien vor.