Geocacher klettern nachts in einer Wildschutzzone in Weinstadt auf Bäume und bringen Jäger auf die Palme. Die Stadt lässt daraufhin versehentlich alle Weinstädter Verstecke von einer Online-Plattform verbannen.

Weinstadt - Gerhard Senss aus Weinstadt ist seit einigen Jahren ein begeisterter Geocacher. Ausgerüstet mit einem GPS-Gerät, geht er regelmäßig auf Schatzsuche – oder versteckt selbst Schätze für andere Cacher. Dabei handelt es sich meist um kleine wasserdichte Behälter, in denen sich ein Logbuch befindet.

 

Als der 41-Jährige vor kurzem mal wieder einen Cache gelegt hatte, wollte er diesen von einem so genannten Reviewer freigeben lassen. Diese überprüfen, ob die Schätze regelkonform versteckt worden sind, also zum Beispiel nicht mitten im Naturschutzgebiet liegen. „Daraufhin habe ich die Rückmeldung bekommen, dass es eine Sperre gibt, und ohne Sondergenehmigung des Liegenschaftsamtes keine Caches in Weinstadt freigeschaltet werden dürfen“, berichtet Senss.

Geocacher klettern nachts auf Bäume – das bringt Jäger auf die Palme

Hintergrund dieser Sperre ist laut der Stadt, dass es im vergangenen Jahr Meinungsverschiedenheiten zwischen der Kommune und der Geocaching-Gemeinschaft gegeben habe. Auslöser waren Caches rund um den Karlstein. „Diese wurden auf Bäumen in den Wäldern um den Aussichtspunkt herum platziert“, sagt Oberbürgermeister Michael Scharmann.

Jäger hätten kritisiert, dass die Schatzsucher nachts und mit Stirnlampen ausgestattet durch den Wald ziehen und auf die Bäume klettern würden, um die in der Dunkelheit fluoreszierenden Caches zu finden. „Zudem liegt das Gebiet auch noch in einer Schutzzone für Schwarzwild und Rehe“, sagt der OB Scharmann.

Plötzlich war das Geocaching in ganz Weinstadt nicht erlaubt – ein Versehen.

Diese beiden Tatsachen hätten die Stadt dazu bewogen, in diesem Teil von Weinstadt das Geocaching zu untersagen. Dass daraufhin das ganze Stadtgebiet, also auch unproblematische Verstecke, von der Plattform geocaching.com verbannt wurde, sei nicht beabsichtigt gewesen. Immerhin gibt es auf der Gemarkung etwa 130 bis 150 Caches. „Ich habe daher veranlasst, dass das Caching auch weiterhin genehmigungsfrei erfolgen kann“, sagt Scharmann. Nichtsdestotrotz müsse für die Wildschutzzone eine Lösung gefunden werden.

Das sieht Geocacher Gerhard Senss genauso. „Ich denke, es ist wichtig, miteinander ins Gespräch zu kommen, Informationen auszutauschen und einen gemeinsamen Weg zu finden“, sagt der Weinstädter. Dieses Ziel verfolgt auch der Oberbürgermeister: „Ich möchte die örtlichen Vertreter der Geocacher-Gemeinschaft und der Jägerschaft in den nächsten Wochen zu einem runden Tisch einladen.“

Der Weinstädter OB Scharmann betreibt selbst Geocaching

Im benachbarten Korb etwa haben sich Geocacher und Jäger bereits vor einigen Jahren auf Wildruhezonen verständigt, die in den entsprechenden Karten eingetragen wurden. Dort vorhandene Caches, vor allem Nacht-Caches, sollten verlegt werden.

Gerhard Senss würde sich freuen, wenn ein guter Kompromiss zustande kommt: „Gerade auch im Hinblick auf die Gartenschau 2019 wäre es doch schade, wenn das Remstal von Caches durchzogen ist und nur Weinstadt ein weißer Fleck bleibt“, meint er. Und auch Michael Scharmann liegt dieses Thema am Herzen – aus ganz persönlichen Gründen: „Ich selbst bin gelegentlich als Geocacher unterwegs und erlebe das als eine sehr schöne Gelegenheit, fremde Orte und vor allem auch die eigene Heimat aus einem ganz anderen Blickwinkel neu kennenzulernen.“