Nach langen Vorbereitungen soll bald der Startschuss für eine „School of Governance“ fallen, für Führungskräfte aus Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Nun aber geht der Präsident der Führungsakademie des Landes hart mit den Plänen ins Gericht. Ihn treibt auch eine spezielle Sorge.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Es ist nur ein einziger, mit englischen Begriffen gespickter Satz im Koalitionsvertrag, aber dahinter steht ein ehrgeiziges Vorhaben. „Wir möchten gemeinsam mit Partnern eine Intersectoral School of Governance am Center for Advanced Studies der Dualen Hochschule Baden-Württemberg einführen“, haben Grüne und CDU vereinbart – und zwar „in Ergänzung zum Qualifizierungsangebot der Führungsakademie“. Damit konkretisiert sich ein Projekt, an dem bereits seit mehreren Jahren gearbeitet wird.

 

In einer immer komplexer werdenden Welt, so der Grundgedanke, müssten Politik, Wirtschaft und Gesellschaft enger zusammenwirken. Nur gemeinsam könnten Akteure aus den drei Bereichen Lösungen finden, statt übereinander müssten sie mehr miteinander sprechen. So will man es jungen Führungskräften in einem berufsbegleitenden Studiengang an der DHBW Heilbronn nahebringen, der Kern der neuen „School of Governance“ sein soll.

Kosten bis zu 1,5 Millionen erwartet

Der Startschuss fiel bereits vor knapp einem Jahr, als das Land 70 000 Euro für Planung und Entwicklung freigab. Damals schwärmten die Initiatoren von dem angeblich bundesweit beispielhaften Vorhaben. „Hochspannend“ nannte es die federführende Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne), „wegweisend“ der Chef von Südwestmetall, Stefan Wolf (CDU). Gerade bei Großprojekten mit vielen Beteiligten werde die „intersektorale Kompetenz“ der Steuerleute immer wichtiger. Im Zuge der Haushaltsberatungen soll nun der Landesanteil für die Realisierung der „SoG“ bereitgestellt werden – etwa die Hälfte der Gesamtkosten von bis zu 1,5 Millionen Euro. 2018 könnte das Masterprogramm in Heilbronn starten, zwei Jahre später als anfangs geplant.

„Idee gekapert und auf Provinzformat gebracht“

Kurz vor dem Durchbruch aber mischen sich in die Euphorie zunehmend kritische Stimmen. Auf Distanz geht vor allem jener Grüne, dessen Idee die School of Governance einst war: Ralph Bürk, früher Bürgermeister und Finanzexperte der Landtagsfraktion, heute Präsident der Führungsakademie Baden-Württemberg. Gemeinsam mit der damaligen Chefstrategin im Staatsministerium, Birgit Locher-Finke, hatte Bürk 2013 ein umfassendes Konzept entwickelt. Es sah eine offene Stiftungshochschule vor, an der die „Kooperation der drei Welten“ nicht nur gelehrt, sondern auch gelebt werden sollte. Die Träger sollten ebenso wie Dozenten, Studierende und Projekte aus den drei Sphären kommen, den Blick wollten die Initiatoren „über den Tellerrand des Landes hinaus“ gerichtet wissen – die sektorenübergreifende Zusammenarbeit sei schließlich international ein Thema.

Doch das jetzige Konzept für einen einzelnen Masterkurs mit vielleicht 20 Teilnehmern jährlich, bilanziert Bürk, habe mit dem damaligen Papier „nicht mehr viel zu tun: es ist ziemlich provinziell“. Leider habe die – mit der Umsetzung beauftragte – Duale Hochschule „die Idee gekapert und auf das DHBW-Format kleingekocht“. Das Etikett sei zwar geblieben, aber die Substanz weitgehend verschwunden, beschwerte er sich intern. Für diese Art der Umsetzung stehe er nicht mehr zur Verfügung. Bürk bezweifelt sogar, dass genügend Behörden und Betriebe junge Führungskräfte nach Heilbronn senden würden. Im Innenministerium wird seine Skepsis geteilt. Der „Mehrwert“ des Studiengangs sei fraglich, hieß es in einer Stellungnahme, er stelle vielmehr eine „direkte Konkurrenz zur Führungsakademie“ dar, die längst bereichsübergreifend ausbildet.

Wirtschaft sieht keine Konkurrenz

Argwöhnisch wird an der Karlsruher Kaderschmiede registriert, dass die „School of Governance“ auch in den Markt für Beratungsdienstleistungen einsteigen soll, in dem sich die „FüAk“ mit großem Engagement etabliert hat. Ein solches, mit Steuermitteln subventioniertes Angebot „würde uns empfindlich treffen, da wir kostendeckende Beratungshonorare verlangen müssen“, warnt Bürk. Zudem gehöre es nicht zu den Aufgaben der Dualen Hochschule. Auf die bemerkenswert brüske Kritik reagieren Wirtschaft und Politik mit versöhnlichen Tönen. Man habe „viel Sympathie“ für das ursprüngliche Konzept gehabt, heißt es beim Verband Südwestmetall. Letztlich habe es sich aber als „nicht umsetzbar“ erwiesen. Nun bevorzuge man die Anbindung an eine bestehende Hochschule. Der Studiengang in Heilbronn sei so angelegt, dass er „die Angebote der FüAk sinnvoll ergänzt“, sagt ein Verbandssprecher, „es besteht keine Konkurrenz“.

Regierung spricht von ergänzendem Angebot

Auch die Landesregierung bemüht sich um eine Deeskalation. Geplant sei eine „enge partnerschaftliche Zusammenarbeit“ zwischen Führungsakademie und School of Governance, versichern Staatskanzlei und Wissenschaftsministerium. Im staatlichen Bereich gebe es schon deshalb keine Konkurrenz, weil sich der Heilbronner Studiengang vor allem an Mitarbeiter des gehobenen Dienstes richte; an die Führungsakademie gingen ausschließlich Beamte des höheren Dienstes. Das Karlsruher Angebot werde also lediglich „ergänzt“.

Noch traut Ralph Bürk den beruhigenden Versicherungen nicht ganz. „Wir werden sehr genau hinschauen, wie das Konzept aussehen wird, das dem Kabinett vorgelegt wird“, sagte er unserer Zeitung. Sein Angebot zeugt von anhaltender Skepsis: „Wenn hier doch etwas zustande kommen sollte, arbeiten wir als Führungsakademie sehr gerne auf Augenhöhe mit einer School of Governance zusammen.“