Kommt nun das Aus für die Gastronomie im Stift Neuburg? Das Oberlandesgericht Karlsruhe bestätigt die Kündigung des Vertrags durch das Stift. Der neue Abt möchte das Stift als geistiges Zentrum etablieren, als Ausflugsziel soll es aber erhalten bleiben.

Heidelberg - Der Konflikt schwelt schon seit einigen Jahren, jetzt hat das Oberlandesgericht in Karlsruhe in zweiter Instanz entschieden: die Mönche des Stifts Neuburg in Heidelberg durften den eigentlich noch bis 2027 laufenden Vertrag mit den Pächtern ihres Klosterhofs kündigen. Die Gesellschaft, die den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb dort 2007 übernommen hat, muss demnach das Gelände vorzeitig Ende dieses Jahres räumen. Eine Revision haben die Richter nicht zugelassen. Endgültig vorbei ist der Streit damit aber noch nicht. Die Pächter haben unmittelbar nach der Urteilsverkündung am Mittwoch angekündigt, sie wollten den Betrieb „weiterführen wie bisher“ und Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen. „Am bisherigen Status quo ändert sich nichts. Wir werden unseren Vertrag erfüllen“, erklärten sie auf Anfrage.

 

Kirchgänger, Konzertfreunde und Wanderer kommen hierher

Das Stift Neuburg, vor den Toren Heidelbergs in landschaftlich schönster Umgebung zwischen alten Obstbäumen und Weiden an einem Hang des Neckartals gelegen, gehört seit jeher zu den bedeutendsten Anziehungspunkten der Stadt. Die Abtei der Benediktiner ist ein beliebtes Ziel für Kirchgänger, Konzertfreunde und Wanderer. Wie in etlichen anderen Klostern fehlt es aber auch in Neuburg schon länger an Nachwuchs. Derzeit leben dort neben dem neuen Abt Winfried Schwab (52), der im März aus dem Kloster Admont in Österreich nach Heidelberg gekommen ist, nur noch elf Mönche. Die meisten von ihnen sind weit über 70 und im Rentenalter; nur noch drei von ihnen sind in der Seelsorge in Heidelberger Schulen und in Heimen aktiv. Die traditionelle Landwirtschaft samt Gärtnerei und Hofladen haben sie aus Altersgründen schon 2007 verpachtet. Die neuen Partner, organisiert in einer GmbH und Co KG, haben anschließend wie vereinbart auf Biobetrieb umgestellt; sie erzeugen unter anderem Milch, Apfelsaft von Streuobstwiesen und Forellen. Außerdem haben sie ein neues Lokal mit einer großen Terrasse eingerichtet.

Das lockt seither mit einem umfangreichen Angebot von Festen und Märkten rund ums Jahr Groß und Klein in Scharen zum Einkehren und Feiern; es ist allerdings immer wieder auch ein Anlass für Ärger und Diskussionen im und rund um das Kloster. Angesichts zunehmender Parkplatzprobleme durch die vielen Besucher hatten die Pächter bereits 2013 auf Druck der Mönche und von Umweltschützern die Zahl der größeren Veranstaltungen eingeschränkt. Intern sind die Konflikte aber offenbar weiter gegangen. Es habe, sagt der neue Abt, seit längerem „unerfreuliche Differenzen“ über Betriebsführung und –ausrichtung gegeben. Die Gesellschaft habe entgegen den Vereinbarungen unterverpachtet und aus dem klösterlich geprägten Hof „eine umfangreiche Großgastronomie und Location für Events“ gemacht. Für deren Ausbau sei der landwirtschaftliche Betrieb vernachlässigt worden, haben die Mönche den Pächtern vorgeworfen. Ende 2014 haben sie mit dieser Begründung den Pachtvertrag außerordentlich – und hilfsweise auch ordentlich zum 31. Dezember 2016 gekündigt.

Die Richter bestätigen die ordentliche Kündigung

Nachdem sich abzeichnete, „dass wir nach großen Investitionen endlich Gewinne machen können“, wolle das Kloster sie nun wieder verdrängen, klagten und klagen die Pächter. Darauf allerdings sind die Gerichte nicht näher eingegangen. Beim Prozess in erster Instanz in Heidelberg stellten die Richter Anfang 2016 fest, dass die außerordentliche Kündigung des Vertrags nicht wirksam sei. Die ordentliche Kündigung haben sie aber bestätigt. Angesichts formaler Mängel und fehlender schriftlicher Festlegungen sei die Vereinbarung von 2007 als Landpachtvertrag zu beurteilen, stellten sie fest. Damit sei er mit entsprechenden Fristen – auch ordentlich kündbar. Die Berufung gegen diese Entscheidung hat das OLG jetzt abgelehnt. Die Beendigung des Pachtverhältnisses durch das Kloster sei nicht treuewidrig gewesen, haben die Richter festgestellt. Dort sei man außerdem bereit, den Mehrwert auszugleichen, der durch die Investitionen der Pächter entstanden sei.

Wie es weitergeht, ist noch nicht abzusehen. Die Sorgen vieler Heidelberger, dass die beliebte Gaststätte und der Klosterhof schon bald ganz geschlossen werden könnten, versuchte der neue Abt schon im Vorfeld des Urteils zu zerstreuen. „Das Ausflugsziel wird es definitiv weiter geben, auch die Landwirtschaft möchte ich weiter betreiben“, versicherte er auf Anfrage. Die Überlegungen dafür seien aber noch nicht abgeschlossen. Sein Hauptaugenmerk liege derzeit vor allem darauf, das Kloster als geistiges Zentrum zu stärken und junge Männer zum Eintritt zu motivieren. „In fünf Jahren möchte ich gern soweit sein, dass die klösterliche Gemeinschaft hier wieder stabil gesichert ist“, sagte der Abt. „Wenn uns das gelingt, werden wir auch alle anderen Dinge weiterführen können“.

Wechselvolle Geschichte: Kloster, Landhaus, Damenstift

Kloster Neuburg in Ziegelhausen hat eine wechselvolle Geschichte, 1130 von Lorsch aus gegründet, erlebte es ab 1303 einen größeren Aufschwung mit Zisterzienserinnen, später wurde es zum Landhaus des Kurfürsten, ein Stift für „tugendhafte Frauenzimmer“, ehe es schließlich in Privatbesitz kam. Von Freiherr von Stein über Clemens Brentano bis zu Carl Maria von Weber logierten und verkehrten über Jahrzehnte viele prominente Gäste in dem Anwesen. Erst 1927 wurde das Kloster von der Benediktinerabtei Beuron aus wieder gegründet, zu deren Kongregation es bis heute gehört. Seine größte Blütezeit in neuerer Zeit war in den 1950er Jahren, damals lebten etwa 40 Mönche in der der Abtei, die mit Landwirtschaft und eigenen Handwerkern weitgehend autark war. Inzwischen gehört Stift Neuburg – zusammen mit Beuron und Neresheim – zu den letzten drei Männerklostern in Baden-Württemberg, alle gehören zum Benediktinerorden. Die Tradition der Zisterzienserinnen wahren in Baden-Baden seit mehr als 750 Jahren die Lichtenthaler Schwestern.