Einem 50-Jährigen wird vorgeworfen, illegal mit falsch etikettiertem Botox gehandelt und damit über 33 000 Euro verdient zu haben. Dabei scheint der Angeklagte, der als Hypnotiseur und Hellseher gearbeitet hat, selbst unter psychischen Problemen zu leiden.

Digital Desk: Sascha Maier (sma)

Stuttgart - Woher sollte er denn auch wissen, dass Botox ein verschreibungspflichtiges Medikament ist. Und warum sollte man stutzig werden, wenn der Zoll klingelt und einen damit konfrontiert, illegal Arztneimittel aus Korea und China importiert zu haben. So stellt es eine Erklärung des 50-Jährigen Angeklagten dar, dem seit Mittwoch am Landgericht Stuttgart vorgeworfen wird, Arzteimittelfälschungen, die auch noch verschreibungspflichtig sind, illegal in den Umlauf gebracht zu haben. Der Angeklagte, der damit über 33 000 Euro verdient haben soll, will sich als ungelernter Arbeiter ohne Schulabschluss mit Rechtsfragen einfach nicht befasst und von der Unrechtmäßigkeit seiner Taten nichts gewusst haben.

 

Wobei: Etwas gelernt hat der Mann, der sich in seinem Leben vor allem mit Gelegenheitsjobs in Reinigungsfirmen und Kantinenküchen durchgeschlagen hat, dann doch. „Ich bin zertifizierter Hypnotiseur. Ich habe auch als Esoteriker und Kartenleger gearbeitet“, so der Angeklagte. Außerdem habe er ein paar Mal im Fernsehen gearbeitet – als Hellseher.

Offenbar war zumindest der Blick in die eigene Zukunft dann doch etwas getrübt. Der Angeklagte, der in Untersuchungshaft sitzt, hatte 2014 Firmenräumlichkeiten in Zuffenhausen angemietet, um von dort aus den Schritt in die Selbstständigkeit zu machen. In der Anfangsphase beschränkte er sich auf einen Webshop, über den er Beautyartikel, aber auch gefälschte Medikamente, vor allem Botox, verkaufte. Am 21. September 2015 sollte dort dann eigentlich ein Beautysalon eröffnen – doch genau an diesem Tag klickten die Handschellen.

Womöglich hätte der Angeklagte schon vorher stutzig werden können, wenn er seine Importe aus Fernost etwas kritischer unter die Lupe genommen hätte. Denn die Lieferungen waren als Trainingspräparate oder anderes getarnt – aber nie als Medikamente ausgewiesen.

Seit dem Jahr 2000 war der Angeklagte zeitweise arbeitsunfähig, litt unter heftigen Depressionen und hatte Wahnvorstellungen. „Bis heute nehme ich Antidepressiva“, sagt er. Unter dem Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt in Stuttgart-Stammheim leide er darum sehr.

Botulinumtoxin, der Wirkstoff von Botox, zählt zu stärksten Giften überhaupt und darf nur in exakt dosierten Kleinstmengen verabreicht werden. Schon ein Zehnmillionstel Gramm des Nervengifts ist tödlich – eine Menge, die der Größe eines Salzkorns entspricht, würde theoretisch ausreichen, eine halbe Million Menschen umzubringen.