Ein 49 Jahre alter Mann aus Rumänien und dessen 43-jährige Lebensgefährtin waren als Subunternehmer am Umbau auf dem Kornwestheimer Salamander-Areal beteiligt. Seit Montag muss sich das Paar vor dem Amtsgericht Ludwigsburg verantworten: Sie sollen Bauarbeiter illegal beschäftigt haben.

Ludwigsburg/Kornwestheim - Von Dezember 2011 bis Mai 2012 waren ein 49 Jahre alter Mann aus Rumänien und dessen 43-jährige Lebensgefährtin als Subunternehmer mit dem Umbau einzelner Gebäude auf dem Kornwestheimer Salamander-Areal beauftragt. Seit Montag muss sich das in Löchgau lebende Paar vor dem Amtsgericht Ludwigsburg verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, 29 rumänische Bauarbeiter illegal beschäftigt und für sie keine Sozialabgaben abgeführt zu haben.

 

„Dieser Fall gehört zu den schlimmeren, mit denen ich in meinem Berufsleben zu tun hatte“, sagte ein Ermittler der Stuttgarter Polizei, der seit 1994 auf Delikte im Baugewerbe spezialisiert ist. Auf anderen Baustellen bekämen die schlecht bezahlten Hilfskräfte wenigstens Geld zum Essen und eine Unterkunft. Im Fall der Salamander-Baustelle hätten die Arbeiter auf Matratzenlagern in ehemaligen Büros übernachten und ihr Essen selbst bezahlen müssen. Außerdem habe es in der einzigen Dusche für 20 Personen täglich nur eine Stunde lang fließend Wasser gegeben.

„Diese Arbeiter hatten gar nichts, nicht einmal Geld für die Heimfahrt nach Rumänien“, sagte der als Zeuge geladene Ermittler. Darum hatten die Männer das Unternehmerpaar im Mai 2012 angezeigt – und vor dem Salamander-Areal demonstriert.

Wer sich wehrte, sollte gehen

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten, die inzwischen für ihr Bauunternehmen mit Sitz in Korntal-Münchingen Insolvenz angemeldet haben, vor, die in Rumänien angeheuerten Arbeiter als Scheinselbstständige beschäftigt zu haben. Die Arbeiter sagten übereinstimmend aus, man habe sie im Glauben, es handle sich um Arbeitsverträge, Formulare unterschreiben lassen, die in Wahrheit Gewerbeanmeldungen waren. Die Verträge seien nur in deutscher Sprache vorgelegt worden.

Wenn ein Arbeiter auf einer Übersetzung beharrte, sei gedroht worden: Wer nicht unterschreibe, könne unverzüglich wieder nach Hause fahren. Aber die Männer hatten bis zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Hundert Euro an eine rumänische Vermittlungsagentur sowie für die Fahrt nach Kornwestheim gezahlt. „Ich hatte das Geld geliehen“, sagte ein 42-Jähriger. „Ich hätte gar nicht mehr zurückfahren können.“ Also haben alle unterschrieben und in den folgenden Monaten für Stundenlöhne zwischen 6 Euro und 7,50 Euro Maurer-, Abbruch- oder Reinigungsarbeiten erledigt. Täglich mindestens zehn Stunden und samstags acht Stunden lang.

Rentenversicherung erkennt Scheinselbstständigkeit

„Die Angeklagten haben ihren Wissensvorsprung gegenüber ihren Landsleuten weidlich ausgenutzt“, sagte ein Ermittler der Zollbehörde. „Das hatte System.“ Weder Krankenkassen- noch Rentenbeiträge seien gezahlt worden, an Urlaub nicht zu denken gewesen. Die Angeklagten bestritten am Montag jede Schuld: Die Arbeiter seien selbstständige Unternehmer gewesen und hätten als solche selbst für die Sozialabgaben aufkommen müssen. Doch auch die Prüfstelle der Rentenversicherung befand: Es handelte sich um Scheinselbstständigkeit. Es seien mehr als 60 000 Euro an Sozialabgaben nicht gezahlt worden, allein den Krankenkassen seien 43 000 Euro entgangen.

Mit den Angeklagten habe man sich „die vom Ende der Kette“ herausgepickt, monierte ein Verteidiger. Die Liste der Subunternehmer sei lang gewesen. Die Ermittler aber hätten weder die Kasseler Investorenfirma Immovation – das Unternehmen wird demnächst auch das Quartier am Ludwigsburger Kaffeeberg sanieren – noch den von ihnen unmittelbar beauftragten Bauunternehmer zur Rechenschaft gezogen.

Das Verfahren am Amtsgericht wird am Montag, 12. Dezember, fortgesetzt.