Die Ex-Frau eines 43-Jährigen aus Leonberg hatte der Krankenkasse gemeldet, dass der Mann womöglich in illegale Geschäfte verstrickt war. 

Leonberg - Gleich ein halbes Dutzend Ärzte hatte ein 43 Jahre alter Mann aufgesucht, um sich rezeptpflichtige Medikamente verschreiben zu lassen. Diese verkaufte er in der Drogenszene weiter, um seine eigene Sucht zu finanzieren. Jetzt ist der Mann am Leonberger Schöffengericht zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

 

Dass der 43-Jährige auf der Anklagebank gelandet war, hatte er seiner Ex-Frau zu verdanken. Sie hatte der Krankenkasse gemeldet, dass der Mann womöglich in illegale Machenschaften verstrickt war. „Am Ende lief alles über die Familienversicherung, und ich hatte Angst, dass die Sache irgendwann auf mich zurückfällt“, sagte sie. Schließlich erstattete die Krankenkasse Anzeige gegen den früher in Leonberg lebenden Angeklagten.

Der Drogenabhängige hatte zwischen September 2014 und März 2015 sechs Ärzte in Leonberg konsultiert, um an die Medikamente zu kommen. Die Arznei wird in der Regel Epilepsie-Patienten und bei neuropathischen Schmerzen verschrieben, Drogenabhängigen dient sie aber auch als Heroin-Ersatzstoff.

200 Pillen in einer Woche

Die Rezepte löste er bei Apotheken in Leonberg und Stuttgart ein. Am Ende verkaufte er die Pillen weiter. Für die betroffene Krankenkasse entstand ein Schaden von mehr als 4000 Euro.

Der gelernte Koch stritt einen Handel mit dem Medikament ab. „Es war alles für mich, ich habe nichts verkauft“, sagte er in der Verhandlung. Der Richter Armin Blattner verzog das Gesicht: „Die Tagesdosis liegt bei maximal drei Tabletten, und Sie wollen mir weiß machen, dass Sie innerhalb von nur einer Woche 200 Pillen genommen haben?“, fragte dieser ungläubig. Auch die Schöffin zweifelte: „Bei dieser gewaltigen Menge muss es doch Nebenwirkungen gegeben haben.“ Der Angeklagte verneinte: „Das ist wie bei einem Alkoholiker, der das Zeug gewöhnt ist.“ Und warum immer verschiedene Apotheken? „Ich habe die Rezepte dort eingelöst, wo ich eben war“, sagte Mann, der inzwischen in Oldenburg lebt.

Doch spätestens mit der Aussage der früheren Ehefrau hatte das Gericht keine Zweifel mehr daran, dass der 43-jährige Angeklagte das Medikament nicht selbst einnahm. „Immer, wenn er aus Stuttgart zurückkam, hatte er Geld und neue Klamotten gehabt“, sagte die Leonbergerin, die sich nach einem knappen Jahr Ehe von dem Mann scheiden ließ. „Wie ist das möglich, wenn man keinen Job hat?“

Nachdem sie die Krankenkasse über die Machenschaften ihres Ex-Manns informiert hatte, setzte sie auch die behandelnden Ärzte darüber in Kenntnis. Mit dem Geld finanzierte der 43-Jährige nicht zuletzt auch seine Drogensucht. Nach seinem damaligen Konsum gefragt, gab er an, dass er regelmäßig Heroin genommen habe. Außerdem wurde er laut Akten nach einem Abend mit „Heroin, Pillen und Alkohol“ ins Krankenhaus eingeliefert. „Ich glaube nicht, dass es den Stoff für umsonst gibt“, merkte der Staatsanwalt an, der beim Blick auf die Vorstrafen des Mannes nur den Kopf schüttelte.

Schon sechs Mal hinter Gittern

Ganze 22 Straftaten listete der Auszug aus dem Bundeszentralregister auf, zwölf davon waren einschlägig, sechs Mal saß der 43-Jährige schon im Gefängnis. Nach drei missglückten Therapien nimmt der arbeitslose Mann seit dem vergangenen Dezember an einem Substitutionsprogramm mit psychosozialer Betreuung teil.

Ein Jahr und sechs Monate lautete am Ende das Urteil wegen Betrug und unerlaubtem Handel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln – dieses Strafmaß hatte zuvor auch der Staatsanwalt gefordert. „Es gibt Voreintragungen, vollstreckte Strafen und Therapien, aber es hat alles nicht funktioniert“, monierte der Richter Armin Blattner. „Und auch heute ist es nicht ersichtlich, dass es besser wird.“