Der Einstieg der alten schwarz-gelben Landesregierung bei EnBW war verfassungswidrig. Das hat der Staatsgerichtshof entschieden.

Stuttgart - Die frühere schwarz-gelbe Landesregierung hat mit dem Einstieg beim Energieversorger EnBW gegen die Verfassung verstoßen. Dies hat der Staatsgerichtshof am Donnerstag in Stuttgart entschieden. Der damalige CDU-Finanzminister und heutige Landtagspräsident Willi Stächele (CDU) gerät durch das Urteil in Bedrängnis. Grüne und SPD forderten ihn zum Rückzug auf, er wies die Forderung zurück. Stächele verteidigte die Entscheidung zum Kauf der EnBW-Anteile im Dezember 2010. „Ich weiß, dass ich damals nach bestem Wissen und Gewissen geprüft habe“, sagte Stächele am Donnerstag in Bukarest.

 

Die Regierung von Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hätte das Milliarden-Geschäft Ende 2010 nicht am Landtag vorbei abwickeln dürfen, erklärte der Vorsitzende Richter Eberhard Stilz. Er gab damit Grünen und SPD recht. Am Kauf der EnBW-Aktien durch das Land ändere sich trotz des Urteils aber nichts, versicherte die grün-rote Koalition.

Verfassung verletzt

Stächele hat laut Urteil die Verfassung verletzt, als er für den Aktien-Deal mit einem Volumen von knapp 4,7 Milliarden Euro ein Notbewilligungsrecht wahrnahm. Er habe damit das Haushaltsrecht des Landtags außer Kraft gesetzt, sagte Stilz. Das Budgetrecht des Parlaments sei aber ein „Kernelement der Gewaltenteilung“ und ein „wirksames Instrument der parlamentarischen Regierungskontrolle“.

„Wir erwarten, dass Herr Stächele von seinem Amt zurücktritt“, sagte Grünen-Fraktionsvize Hans-Ulrich Sckerl. Auch der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Andreas Stoch, betonte, Stächele könne nach dem Urteil nicht mehr glaubwürdig der „Hüter“ der Parlamentsrechte sein. Der Landeschef der Jungen Liberalen, Jens Brandenburg, forderte den CDU-Politiker ebenfalls auf, das Handtuch zu werfen.

Der Staatsgerichtshof urteilte, Stächele habe die Grenzen des Notbewilligungsrecht überschritten, „weil dieses nur in Fällen großer zeitlicher Eile Anwendung finden könne“. Zudem sei diese Ausnahmebestimmung grundsätzlich restriktiv auszulegen. Der Vorsitzende Richter Stilz räumte ein, dass es schwierig sei, das Haushalts- und das Aktienrecht in so einem Fall miteinander zu vereinbaren.

Die einzige Alternative

Mappus hatte sein Verfahren Ende 2010 damit gerechtfertigt, dass eine Vorab-Information ein Verstoß gegen das Aktienrecht gewesen wäre. Außerdem habe der französische Staatskonzern EDF, der die Aktien verkaufte, darauf bestanden, dass es keinen Parlamentsvorbehalt gibt. Für die alte Regierung meinte Anwalt Klaus-Peter Dolde, die einzige Alternative sei gewesen: „Dann gibt es das Geschäft eben nicht.“

Stilz sagte dazu, solche Befürchtungen seien nicht prinzipiell von der Hand zu weisen. Wie das Land künftig die Entscheidungsfindung über derartige Geschäfte regelt, sei Sache des Parlaments und nicht des Staatsgerichtshofs. Es gebe aber die Möglichkeit, ein Gremium des Landtags zu schaffen - vergleichbar mit dem Ausschuss des Bundestags zu den Geheimdiensten - das solche Geschäfte unter größter Geheimhaltung beraten könne. Außerdem könne auch der Finanzausschuss dafür zuständig sein, regte der Richter an.

Klipp und klar

Sckerl von den Grünen freute sich über das Urteil: „Das ist ein guter Tag für das baden-württembergische Parlament.“ Das Gericht habe klipp und klar festgestellt, „dass diese Nacht-und-Nebel-Aktion der alten Regierung Mappus einen Verfassungsbruch“ darstellt.

Der SPD-Politiker Stoch bekräftigte, dass die Koalition den Wiedereinstieg des Landes beim Karlsruher Energiekonzern EnBW nach dem Urteil nicht rückabwickeln wolle: „Wir wollen dieses Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft führen.“ Finanzminister Nils Schmid (SPD) erklärte: „Damit stärkt der Staatsgerichtshof die parlamentarische Demokratie. Das Haushaltsrecht des Parlaments ist ein hohes Gut, das nicht umgangen werden darf.“ Er selbst werde sich daran halten.