Die Schillerhöhe setzt als erstes Krankenhaus in Deutschland 3D-Kameras bei Eingriffen an der Lunge ein. Der Chefarzt Godehard Friedel erklärt, warum sich die Technik in der Medizin weiter ausbreiten wird.

Gerlingen - Einst führte die Gerlinger Klinik Schillerhöhe die erste Transplantation eines Lungenflügels in Europa durch, 1987 war das. Nun schreibt die Lungenfachklinik wieder Geschichte: dieses Mal mit den deutschlandweit ersten Einsätzen von 3D-Kameras bei minimal-invasiven Eingriffen an der Lunge. Ein Gespräch mit dem Chefarzt Godehard Friedel.
Herr Friedel, die Schillerhöhe ist die erste Klinik in Deutschland, die 3D-Kameras bei Operationen an der Lunge einsetzt. War die Umstellung ein Risiko?
Die 3D-Technik wird in der Roboterchirurgie schon lange benutzt, das ist nichts vollkommen Neues und Revolutionäres. Die Umstellung fiel mir deshalb überhaupt nicht schwer.
Vorher haben Sie die Technik lange erprobt.
Ich habe vor zehn Jahren erste Versuche mitgemacht, damals trug man noch einen Helm. Das hat man nicht länger als eine Stunde ausgehalten, ohne Kopfschmerzen zu bekommen. Anfangs konnte man auch nur einen kleinen Ausschnitt sehen.
Warum haben Sie sich entschieden, die Technologie einzuführen?
Wir machen schon lange viele thorakoskopische Eingriffe minimalinvasiv mit der 2D-Technik. Das Problem beim Thorax, also dem Brustkorb, ist aber, dass er eine relativ große Höhle ist. Die Lunge fällt am Anfang der Operation in sich zusammen, weil sie nicht belüftet wird. Wegen des Herzschlags bewegt sie sich trotzdem hin und her – mit der 2D-Technik ist es schwierig, mit den Instrumenten an einer Stelle zu bleiben. Und vor allem Nähte sind relativ kompliziert.
Das ist mit 3D-Kameras anders?
Wenn man mit 2D arbeitet, weiß man nicht immer ganz genau, wo man ist, wenn man sich in einem großen Hohlraum wie der Lunge bewegt. Bei der 3D-Technik sieht man das sofort. Bei den herkömmlichen Operationen gleicht man die mangelnde Genauigkeit der Technik durch Erfahrung aus, weil man es schon x-mal gemacht hat. Der wesentliche Vorteil von 3D ist, dass man Gefäße weniger leicht verletzt. Die Operationen gehen auch etwas schneller.
Setzen Sie die Technologie bei allen Operationen an der Lunge ein?
Nein. Bei manchen Operationen setzen wir es regelhaft ein, etwa bei Tumoren oder Geschwüren in Bereichen mit vielen Gefäßen. Sonst handhaben wir das je nach Bedarf.
Bei Operationen im Bauchraum wird die 3D-Technik vielerorts schon länger genutzt. Warum kommt die Technik bei Lungen-Operationen erst jetzt zum Einsatz?
Für die Lunge war das Ganze schwieriger umzusetzen als im Bauchraum. Man muss in alle Ecken gucken können, während man im Bauchraum einfach nach vorn schaut. Das erste kommerzielle Gerät kann man erst seit drei Jahren kaufen.
Welche Nachteile sehen Sie bei der neuen Technologie?
Die Drehungen der Kamera sind noch nicht so gut möglich. Bei einer Operation, bei der man in verschiedenen Ecken arbeiten muss, ist das etwas aufwendiger mit 3D-Technik. Es gibt Operationen, die laufen so routiniert und gehen so schnell, da braucht man die neue Technologie nicht unbedingt.
In welchen anderen Bereichen werden die dreidimensionalen Kameras schon eingesetzt?
In der Gynäkologie oder der Urologie zum Beispiel, die machen viel Chirurgie mit Robotern. Und Herzchirurgen nutzen es.
Sie tragen während der Operationen Brillen. Beeinträchtigt Bewegung das Bild?
Ja, man steht aber ohnehin immer mehr oder weniger an derselben Stelle. Mich persönlich stört die Brille gar nicht, auch wenn es Kollegen gibt, für die das noch ein bisschen ungewohnt ist. Ich bin mir aber sicher, dass für die 3D-Technik bald gar keine Brille mehr gebraucht wird.
Werden irgendwann alle Operationen mit 3D-Unterstützung durchgeführt?
Ja, das glaube ich. Das ist nur noch eine Frage der Zeit.