Dieses Stück wird jeden Samstag vielerorts in Schwaben gegeben: die Kehrwoche. Alles rund um dieses soziokulturelle Phänomen steht in einem neuen Buch.

Gerlingen - Eigentlich ist alles nur Theater. Es gibt eine Bühne, ein Thema, es gibt jede Menge Darsteller und jede Woche einen Helden: etwa die Frau, die auch die Kehrwoch’ in der Kittelschürze erledigt, „dr Ernschd“ mit Hütle und Reißigbesen, und den Studenten, der immer schnell fertig ist mit dem Fegen. Und jede Menge Zuschauer, für die Hof und Gass’ die Bühne sind. Für Wolfgang Brenneisen ist das eine typische Konstellation, mit der man die Kehrwoche treffend beschreiben könnte. Brenneisen, einstmals Gymnasiallehrer in Feuerbach, Markgröningen und dem Oberland, hat sich in seinem neuen Buch mit der Institution Kehrwoche beschäftigt, das gleichzeitig Kulturgut und soziokulturelles Phänomen ist. Das aber von Wissenschaftlern ziemlich links liegen gelassen wird.

 

„Es scheint Anzeichen dafür zu geben, dass in Schwaben die geordnete, reglementierte Straßen- und Hausreinigung eher ein Anliegen ist als anderswo.“

So schreibt der 73-Jährige im Vorwort. Er hat zum zweiten Mal mit dem Amateurtheater Ochsenhausen und dem Fotografen Volker Strohmaier aus der Biberacher Gegend zusammengearbeitet. Schauspieler und Fotograf setzen knapp 50 Begriffe rund um das samstägliche Besentheater um, die Brenneisen ausgesucht und jeweils auf rund einer halben Seite beschrieben hat. Bei A kommt die Arbeitsjacke („dr Kittel“) vor, bei E der Eimer („dr Oimer“), bei K wie Kehrwochen-Rock gehen Modell und Motiv eine humoristische Melange ein, und Pferdeäpfel („Rossbolla“) stellen Truppe wie Fotograf vor Herausforderungen.

„Die große Kehrwoche ist das Herzstück des gewaltigen Kehrwochen-Komplexes. Gegenüber der großen Kehrwoche ist die kleine Kehrwoche ein Klacks.“

Brenneisen befasst sich nicht nur mit den Werkzeugen wie Kehrwisch, Kutterschaufel und Kehrbesen, sondern auch mit Grundsätzlichem – siehe große und kleine Kehrwoche. Die Texte kommen zwar sehr ernst, in Hochdeutsch und mit der nötigen Bodenverbundenheit daher – wer aber genau liest, und nicht nur die sehr fantasievollen Schwarzweißbilder betrachtet, der wird das Augenzwinkern des Textautoren durchaus bemerken. Sehen kann man es, wenn man ihm gegenübersitzt. Um zu ihm auf die Terrasse zu kommen, muss man am Rinnstein vorbei („dr Kandel“), eine Staffel hinunter und durchs Wohnzimmer hindurch. Ein Blättlein auf der Gass’, ein Stäublein auf dem Tisch und auch das Telefonbuch, das vergessen herumliegt – sie haben keine Chance. Brenneisen sagt von sich: „Sauberkeit ist mir ein inneres Bedürfnis.“ Dass „Ordnung im Äußeren zu Ordnung im Kopf“ führt, habe er 40 Jahre lang versucht, den Schülern beizubringen.

„Man stelle sich vor, was passieren würde, wenn die Klingelknöpfe sich selbst überlassen wären, für 100 Jahre.“

Der Autor spießt wiederkehrende Diskussionen bei Eigentümerversammlungen über Sauberkeit auf, lässt sich über Unkraut auf dem Gehweg aus und findet noch so allerlei Eigenheiten – wie das vorgeschriebene Polieren der Klingelknöpfe. Den Schmähspruch „Der macht sei Kehrwoch’ net“, den kennt er aber nicht. Obwohl er schon in vielen Häusern gewohnt habe, bevor er in Gerlingen ansässig wurde. Ob über das Kehrwochen-Buch noch mehr wird, eine Ausstellung, ein Hörspiel, ein Theaterstück? Brenneisen lächelt. „Ich habe das für mich erschöpfend dargestellt.“