Am Wochenende geht die Gerlinger Sommerführung in die nächste Runde: vom Schlossberg hinab in die Stadt. Wir beschreiben vorab die Stationen.

Gerlingen - Klaus Herrmann vom Stadtarchiv nimmt Rücksicht auf sein Publikum: Die Führung beginnt auf der Höhe und führt hinab in die Stadt – über 375 Staffeln. Das sind etwa halb so viele, wie auf das Ulmer Münster führen. Herrmann hätte auch umgekehrt laufen können – doch zum Hochschnaufen würden wahrscheinlich nicht so viele Teilnehmer kommen. So können Interessenten in den Stadtbus steigen, der am Samstag oder Sonntag, 30. und 31. August, um 14.04 Uhr am Rathausplatz abfährt, und hinauffahren. Von der Haltestelle Schillerhöhe Post sind es wenige Meter zum Schlossberg und der Löwen-Skulptur von Fritz von Graevenitz, dem Startpunkt der Führung. Um 14.30 Uhr geht es dort los.

 

Auf dem Schlossberg, so Herrmann, wurde im 12. Jahrhundert die Burg Richtenberg gebaut – und bereits 1311 zerstört, im Krieg der Städte. Die Esslinger nahmen die Burg ein, die Leonberger zerstörten sie dann. „Sie wollten sich beliebt machen, um unmittelbare Reichsstadt zu werden“, berichtet Herrmann. Graf Eberhard eroberte Württemberg wieder zurück, Leonberg und das Amt blieben württembergisch. Viele Jahrhunderte später, 1937, wurde innerhalb des Burggeländes übrigens wieder gebaut: das Haus Schlossberg 1.

Friedens- und Partnerschaftsbäume wurden auf dem Schlossberg gepflanzt: 1871, nach dem Ende des deutsch-französischen Krieges, wovon die Eiche noch steht, und 2000 als Zeichen der Verbundenheit Gerlingens mit seinen Partnerstädten Vesoul, Seaham und Tata. Der Löwe von Fritz von Graevenitz, im September 1953 der Öffentlichkeit übergeben, soll nach den Worten des Künstlers ein Mahnmal sein: Die Natur habe den Gerlingern ein Geschenk gemacht – das weite Land, das man vom Schlossberg aus überblicke. Der brüllende Löwe soll zudem zur Vernunft mahnen und an die Menschen erinnern, die in Kriegen ihr Leben hingaben. Ein weiteres Mahnmal am Schlossberg ist das hölzerne Feldkreuz, vor dem immer wieder Gottesdienste im Grünen stattfinden. Es wurde am Buß- und Bettag 2011 eingeweiht; es soll im Sinne seines Stifters als Zeichen der Versöhnung zwischen Gott und den Menschen als Friedenszeichen angesehen werden.

Vom Schlossberg aus bietet sich eine tolle Aussicht – zuallererst nach Ditzingen. Die Autobahn ist kaum zu sehen, sie verläuft scheinbar in einem Trog zwischen den Gerlinger Feldern und den Großbetrieben am Südrand der Nachbarstadt. Höfingen, Hirschlanden, Hemmingen, Schwieberdingen grüßen, bei klarem Wetter zeichnen sich in Richtung Norden Stromberg, Heuchelberg und die Löwensteiner Berge nicht nur schemenhaft ab. „Zweitausend Quadratkilometer kann man von hier aus überblicken“, sagt Herrmann, „das ist der siebzehnte Teil von Baden-Württemberg.“ Und wenn es ganz klar ist, sieht man den Katzenbuckel im Odenwald – der ist immerhin 75 Kilometer entfernt. Wem es um die Aussicht geht, dem empfiehlt Herrmann übrigens die Wiederholungstermine seiner Veranstaltung am 1. und 2. November. Im Herbst haben die in den vergangenen Jahrzehnten hochgewachsenen Bäume kein Laub mehr – sie sind quasi durchsichtiger.