Wie viel Geld die Hinterbliebenen der Opfer von der Hafpflichtversicherung der Germanwings-Tochter erhalten, hängt vom Einkommen der Verunglückten ab. Die Rechtsprechung dazu ist einschlägig.

München - Geld kann die 150 Opfer des Airbus-Absturzes in den französischen Alpen nicht wieder lebendig machen. Versicherungen können aber verhindern, dass zur menschlichen Tragödie auch noch wirtschaftliche Not kommt. Im Zentrum steht dabei die Haftpflichtversicherung des Unglücksflugzeugs der Lufthansa-Tochter Germanwings, die Personenschäden und auch die Schadenersatzansprüche Hinterbliebener abdeckt.

 

Hauptversicherer dafür ist die Münchner Allianz über ihre Tochter AGCS. Sie führt einen Pool weiterer Assekuranzkonzerne an, zu dem auch die Talanx-Tochter HDI-Gerling sowie dem Vernehmen nach der US-Versicherer AIG zählt. Ein solcher Assekuranz-Pool ist bei der Versicherung von Flugzeugen üblich, weil es hier um große Schadenspotenziale geht, die man am besten auf mehrere Schultern verteilt. Lufthansa und ihre Tochter Germanwings haben den Hinterbliebenen für deren Forderungen bereits eine Art Abschlagszahlung in Höhe von 50 000 Euro pro Opfer zugesagt. Verpflichtet wäre die Fluggesellschaft und ihr Versicherer nach dem Montrealer Übereinkommen für den Luftverkehr nur zu einer Soforthilfe von 20 000 Euro.

Es handelt sich um eine dreistellige Millionensumme

„Es wäre zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht angemessen, dieses tragische Ereignis zu kommentieren“, erklärt die AGCS und will zu weiteren Details keine Stellung nehmen. Denn die Haftpflichtdeckung ist bei technischem Versagen ebenfalls laut Montrealer Abkommen auf rund 150 000 Euro pro Person gedeckelt. Geht ein Absturz aber auf Versagen einer Fluggesellschaft oder eines ihrer Bediensteten zurück, entfällt diese Deckelung. Sie wäre damit nach oben im Prinzip offen. Nach einem solchen Fall sieht es beim Unglücksflug 4U 9525 aus, den der Copilot zum Absturz gebracht hat. Damit sind Schadenersatzansprüche von Hinterbliebenen teils im Millionenbereich möglich, sagen Juristen. Sie bemessen sich üblicherweise am Einkommenspotenzial eines Opfers. Hinterbliebene eines Rentners erhalten demnach tendenziell eher weniger Schadenersatz, Ehepartner und Kinder eines gut bezahlten Arbeitnehmers oder Managers umso mehr.

Ein solches Zahlungsverhalten geht nicht auf den Versicherer zurück sondern auf die Rechtsprechung von Gerichten, merken Experten an. Deshalb erhalten zum Beispiel Angehörige von Opfern, die aus den USA stammen auch immer wieder besonders hohe Schadenersatzsummen. Insgesamt dürfte auf die Haftpflichtversicherer eine dreistellige Millionensumme zukommen, schätzen Branchenkenner. Sie rechnen auch nicht mit den sonst bisweilen oft zehn bis 15 Jahren bis ein Flugzeugabsturz in allen Einzelfällen versicherungstechnisch geklärt ist und alle Summen ausbezahlt sind. Dazu sei das Reputationsrisiko, das dem Unglück für Fluggesellschaft und Versicherungen anhaftet, zu groß.

Für den Schaden am Airbus A320 zahlt nicht die Allianz

Sollten die Absturzopfer über die Haftpflichtpolice von Germanwings hinaus persönlich versichert gewesen sein, werden natürlich auch diese Policen fällig. Das gilt insbesondere für Lebensversicherungen, für die die genaue Absturzursache übrigens unerheblich ist, betont die Allianz. Theoretisch sind zudem auch Leistungen aus dem Opferentschädigungsgesetz möglich. Versichert ist auch das Flugzeug selbst. Da die Maschine bereits 24 Jahre alt war, müssen Versicherer dafür wohl nur gut sechs Millionen Euro berappen. Bei neuen Maschinen liegen Versicherungssummen bei bis zu 100 Millionen Dollar.

Für den Schaden am Airbus A320 zahlen muss übrigens nicht die Allianz, sondern ein britisches Versicherungskonsortium. Denn der Absturz wird in diesem Punkt versicherungstechnisch wie ein Terror oder Kriegs als „böswilliger oder feindseliger“ Akt behandelt. Auch Selbstmord mit einer Passagiermaschine falle in diese Versicherungskategorie, bestätigt ein Experte.

Allianz-Tochter ist eine der führenden Luftfahrtversicherer

Versicherer: Die Allianz-Tochter AGCS ist einer der global führenden Luftfahrtversicherer. Bei Unglücken wie dem Absturz der Germanwings-Maschine in den Alpen steht sie deshalb immer wieder im Zentrum finanzieller Forderungen. An einem einzelnen Versicherer bleibt in der Regel aber maximal eine zweistellige Millionensumme hängen. Derartige Policen sind in der Branche unter mehreren Gesellschaften aufgeteiltund Versicherer wie die AGCS können sich zudem bei speziellen Assekuranz-Konzernen rückversichern.

Fälle: Dennoch ist die Allianz in letzter Zeit ziemlich gebeutelt. Schon im Vorjahr mussten die Münchner drei Flugzeugabstürze verkraften. Vor Jahresfrist verschwand eine Boeing 777 der Malaysia Airlines über dem Indischen Ozean. Bis heute blieb sie unauffindbar. Im vergangenen Juli wurde dann eine weitere Boeing 777 derselben Fluggesellschaft über ukrainischem Bürgerkriegsgebiet mit 283 Passagieren abgeschossen.Im Dezember schließlich stürzte ein Passagierflugzeug der malayischen Air Asia an der Küste Indonesiens ab.