Arndt Kirchhoff, neuer Vize bei Gesamtmetall und Chef von Metall NRW, mischt künftig als Verhandlungsführer in der Tarifpolitik mit. Dabei wird er viele Erkenntnisse aus seinem höchst erfolgreich, aber kooperativ geführten Familienunternehmen einbringen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Attendorn - Die Metalltarifrunde Anfang 2015 verspricht auch wegen der neuen Protagonisten interessant zu werden: Sowohl auf der Seite der Arbeitgeber als auch der IG Metall hat es einen umfangreichen personellen Wandel gegeben. Noch ist ungewiss, inwieweit die Gewichte dadurch verschoben werden. So hat in Nordrhein-Westfalen, neben Baden-Württemberg und Bayern der dritte dominante Tarifbezirk, Arndt Günter Kirchhoff das Ruder der Metallarbeitgeber von Horst-Werner Maier-Hunke (76) übernommen. Der 59-jährige Familienunternehmer stieg damit auch zum Vize-Präsidenten von Gesamtmetall auf. Er ist Stellvertreter des Heidelbergers Rainer Dulger. Daneben ist er als Vize der Arbeitgebervereinigung (BDA), des Automobilverbandes VDA und Präsident des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) bestens vernetzt.

 

Künftig soll er im Bezirk Nordrhein-Westfalen die Tarifverhandlungen führen. Kann Kirchhoff Tarifpolitik? Ein Pilotabschluss steht diesmal wohl noch nicht an. Der gebürtige Essener verweist zwar auf seine langjährige Erfahrung im Verbandsgeschäft, wo er „immer brav“ zu den Sitzungen gekommen sei, zudem auf seine engen Kontakte zu den Südwestmetallern oder zum IG-Metall-Chef Detlef Wetzel, der einst nebenan Bevollmächtigter in Siegen war. Dennoch muss sich Kirchhoff in den Niederungen der Tarifpolitik offenbar erst noch orientieren. Er könne noch nicht sagen, welche Elemente auf den Verhandlungstisch kommen.

Aufgeschlossen für neue Arbeitszeitmodelle

Der Wirtschaftsingenieur führt als Geschäftsführender Gesellschafter mit zwei Brüdern die Kirchhoff-Gruppe, die weltweit 10 500 Mitarbeiter beschäftigt und einen Jahresumsatz von 1,6 Milliarden Euro erwirtschaftet. Es ist somit eine der wichtigsten mittelständischen Firmen der Autozuliefererbranche. Alle namhaften Autohersteller finden sich in der Kundenliste. Insofern schöpft Kirchhoff vor allem aus seinem Erfahrungsschatz mit der eigenen Belegschaft in Attendorn – etwa wenn es um seine Vorstellungen von einer Arbeitszeit geht, die sich an der Lebensphase orientiert. Heimarbeit für junge Mütter und ausgedehnte Väterzeiten? „Wir tun das schon heute,“ sagt Kirchhoff. Ähnliches gelte für Freistellungen zur Fortbildung, Bildungsteilzeit genannt, wie sie die Gewerkschaft in der Tarifrunde vorschlagen will. Es müssten neue Arbeitszeitmodelle entwickelt werden, ohne die Unternehmen zu überfordern, sagt Kirchhoff.

So tritt der neue Verbandschef eher wie ein fürsorgender Familienunternehmer als der gestrenge Boss, Kirchhoff bietet seinen Mitarbeitern noch günstige Konditionen für das nahe Fitnessstudio an und denkt über eine betriebsnahe Gruppe für pflegebedürftige Eltern nach. Besuchergruppen hält er selbst, völlig unprätentiös, die Tür auf. Starke Sprüche gegen die IG Metall oder die Politik scheinen ohnehin nicht seine Sache zu sein. „Die Wirtschaftslage ist eigentlich nicht schlecht“, sagt Kirchhoff und fügt geradezu pflichtschuldig an: Es gehe Deutschland eher „ein bisschen zu gut“, wenn die Firmen mit immer neuen Belastungen überzogen würden und wenn die Kurve der Lohnstückkosten wieder in die falsche Richtung zeige. „Wir dürfen nicht übermütig werden“, warnt er. Als Familienunternehmer müsse er darauf achten, dass auch die nächste Generation erfolgreich wirtschafte. Kampfansagen klingen anders.