Seit Februar 2013 veranstaltet Johanna Hellmich unter dem Titel „Raunchy Rita’s Rasperry Club“ Burlesque-Partys in ganz Stuttgart. Seit Juli letzten Jahres betreibt sie zudem im Heusteigviertel in der Wilhemstraße 8b die Vintage-Boutique „Schmachtfetzen“.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-Süd - Die Begeisterung für ein andere Zeit als die, in der sie lebt, packte Johanna Hellmich schon in jungen Jahren. Als Kind sei sie ein großer Fan von Marylin Monroe und deren Stil gewesen. Die 20er, 30er und 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts faszinieren die 31-Jährige gebürtige Augsburgerin. Angetan ist sie vor allem von Burlesque. „Das ist mein Hobby“, sagt Hellmich über diese Kunstform, die in der damaligen Zeit eine Gattung des US-amerikanischen Unterhaltungstheaters war, deren Höhepunkt eine Striptease-Einlage war, bei der sich die Künstlerinnen aber nie ganz entkleideten. Und weil Hellmich auch den Kleidungsstil des frühen 20. Jahrhunderts liebt, betreibt sie seit Juli an der Wilhelmstraße 8b im Heusteigviertel die Vintage-Boutique „Schmachtfetzen“.

 

In einem in der Szene bekannten Hamburger Club kam ihr die Inspiration für ihre eigene Partyreihe in Stuttgart. Seit Februar 2013 veranstaltet die 31-Jährige unter dem Titel „Raunchy Rita’s Rasperry Club“ Burlesque-Partys in ganz Stuttgart. Mit den Veranstaltungen lebe sie ihre Leidenschaft für Swing-Musik, Tanz und Theater aus. Auch waren sie, wie sie sagt, ihr kreativer Ausgleich zum eher spröden Job in der Presseabteilung eines Stuttgarter IT-Unternehmens, wo sie vier Jahre lang tätig war. „Burlesque macht Spaß“, sagt sie. Einen gewissen Anspruch hat Hellmich natürlich auch: Mehr Sex-Appeal und Glamour nach Stuttgart holen.

Als Show-Act hat sie meist drei renommierte Burlesque-Tänzerinnen im Programm. Doch das allein ist nicht alles. „Dress to impress“ lautet das Motto im Rasperry Club, den Hellmich zunächst im Erdgeschoss an der Theo-Heuss-Straße veranstaltete. Ob mit Wasserwelle, Pomade im Haar oder im klassischen Gehrock, ihre Veranstaltungen sind auf jeden Fall eine Gelegenheit, tief in die Klamottenkiste der 20-er Jahre zu greifen.

Die passenden Kleider zu den Parties gab es nicht

Doch damit fing das Problem schon an. Immer wieder fragten sie ihre Partygäste, wo sie denn in Stuttgart solche Kleider kaufen können. „Ich musste immer Online-Shops empfehlen“, sagt Hellmich, die nach ihrem geisteswissenschaftlichen Studium an der Uni Augsburg zunächst für einen Job am Ballett nach Stuttgart kam. Aus der Marktlücke entwickelte sie deshalb das Konzept für ihre Boutique und gab dafür den sicheren Job in der IT-Branche auf. „Ich wollte schon immer selbstständig arbeiten und meine eigene Chefin sein“, sagt Hellmich.

Vergangenes Jahr hat sie sich den Traum erfüllt. Seitdem sitzt sie täglich in ihrem eigenen Geschäft und verkauft Kleider im Stil der 20-er bis 50-er Jahre. Dabei ist sie natürlich auch selbst ihre beste Kundin. Denn auch ihr eigener Kleidungsstil verrät sofort ihre Begeisterung für die Mode des frühen 19. Jahrhunderts.

Trotz ihrer Leidenschaft will sie ihr Ladenprojekt realistisch sehen. Denn die Zeiten, in welchen der Einzelhandel von alleine floriert, sind vorbei. Das ist ihr bewusst. Deshalb hat sich die 31-Jährige viele Gedanken gemacht, wie sich ihr Shop abheben kann. Dabei verfährt sie nach dem Motto „Weniger ist mehr“, wie sie sagt. Auf zwei Kleiderstangen nur hängen jetzt ihre ganzen Schätze. Lange Kleider in kräftigen Farben, die bis übers Knie reichen („Mini kam doch erst in den 60ern“) und die dazu passenden Schuhe hat sie im Regal angeordnet. Aufgehübscht hat sie das Ganze durch zahlreiche Accessoires und Nippes. Das kommt bei ihren Kundinnen gut an. „Sie loben immer, wie übersichtlich es bei mir ist“, sagt sie. Hellmich ist überzeugt, dass viele Menschen inzwischen das Überangebot in großen Geschäften überfordert.

Weg von der Masse, hin zur Klasse

Weil die 31-Jährige kein großes Sortiment anbietet, kann sie bei der Auswahl ihrer Produkte auch genauer darauf achten, wo diese herkommen. Eine gewisse Nachhaltigkeit sei ihr dabei schon wichtig, betont sie. „Ich will weg von der Masse, hin zu Klasse“, ergänzt Hellmich. Sie arbeitet deshalb mit vielen kleinen Unternehmen und Designern aus Deutschland zusammen. Ein großer Teil der Kleider werde auch im Inland produziert.

Das soll auch insgesamt ein Appell an die Konsumenten sein. „Die Menschen sollen sich bewusster machen, wie viel sie wo einkaufen und eben auch wo die Sachen herkommen“, sagt die Einzelhändlerin. Ein T-Shirt für zwei Euro könne niemals hochwertig sein, sagt Hellmich. Und auch wenn sie sich selbst nicht als Umweltapostel bezeichnen möchte, sei es ihr wichtig, wo die Kleider herkommen, die sie verkauft.