Ein fataler Irrtum ist der Grund für den Necknamen Mondlöscher, den die Cannstatter sich an Ostern vor 125 Jahren eingefangen haben.

Bad Cannstatt - Sie galten als mutig und waren hoch angesehen: „Die Feuerwehrmänner hatten früher nicht nur die Aufgabe, Brände zu löschen, sondern übernahmen auch wichtige repräsentative Aufgaben wie etwa das Spalierstehen beim Empfang des Kaisers“, sagt der Historiker Olaf Schulze. Vor allem aber haben die wackeren Männer Bad Cannstatt mehrfach vor dem Abbrennen bewahrt: In den 30 Jahren nach ihrer Gründung im Jahr 1852 löschte die Freiwillige Feuerwehr circa 50 Brände. Rund 600 Mann stark war die Cannstatter Feuerwehr im Jahr 1887 – das allerdings nicht wegen eines schweren, sondern wegen eines nicht vorhandenen Brands in die Geschichtsbücher einging.

 

Der Vollmond hatte die Männer getäuscht

Es war am Samstag vor Ostern, kurz vor halb neun Uhr am Abend, als der Stadtwächter die rote Laterne anzündete und die Sturmglocke läutete. Die Mitglieder der Feuerwehr sprangen in Uniformen, Schuhe und Helme und rannten gen Osten, wo sie Rauch vor dem roten Himmel aufsteigen sahen. Als sie dort ankamen, wo sie das Feuer vermutet hatten, fanden sie nichts – an der Stelle, an der heute die Lutherkirche steht, befand sich zu dieser Zeit nur eine einsame Kelter und eine alte Gasfabrik. Unverrichteter Dinge zogen die Mannen ab: „Wenn auch ganz Uhlbach und Rotenberg brennt, können wir auch nichts machen, weil die da oben ja gar keine Wasserversorgung haben“, erzählte der Feuerwehrmann Christian Peter später seiner Tochter Sophie Tschorn. Statt zu arbeiten, ging man einkehren – um den eigenen Brand zu löschen.

Welchem fatalen Irrtum man in jener Nacht aufgesessen war, stellte sich erst am nächsten Tag heraus: Es war der Vollmond gewesen, der den Himmel rot gefärbt hatte. Der Rauch, den die Männer gesehen hatten, musste von der alten Gasfabrik aufgestiegen sein. Seither haben die Cannstatter ihren Necknamen weg und werden auch Mondlöscher genannt.

30 Mondlöscher gibt es im Kübelesmarkt

Ein kleines Denkmal gesetzt wurde dem Schwabenstreich innerhalb des Kübelesmarkts Bad Cannstatt: Aus der Skiffelband der Jungkübler, einer Gruppe, die Musik auf Waschbrettern gemacht hatte, entstand im Jahr 1962 die Gruppe der Mondlöscher. „Aktuell besteht die Gruppe aus 30 Personen“, sagt der Kommandant Andreas Zaiß. Die Emanzipation ist inzwischen auch in dieser Gruppierung eingezogen: Während die Frauen im 19. Jahrhundert nur als helfende Hände, etwa beim Heranschleppen von Wasser anpacken durften, sind unter den Cannstatter Mondlöschern heute 19 Frauen. Sie bedienen den Spritzenwagen mindestens so professionell wie ihre männlichen Kollegen. Und dieser ist bei jedem Narrensprung mit dabei: So kann es den Zuschauern auch bei Minusgraden passieren, dass sie eine kleine Dusche abbekommen. Der Schwerpunkt der Mondlöscher liegt auf der Cannstatter Fasnet, wo die Wurzeln der Gruppierung liegen. Mit etwas Glück kann man bei einem Auftritt auch einen Originalhelm zu sehen bekommen: Die Mondlöscher haben in ihrem Fundus einen Feuerwehrhelm, der schon beim legendär gewordenen Einsatz am Karsamstag 1887 im Einsatz war.