An den grinsenden Gesichtern lässt sich erkennen, an welche Clubs oder Festivals sich die Gäste erinnern, wenn Westbam aus seiner Autobiografie „Die Macht der Nacht“ liest. Allein sein kindlicher Schreibstil irritiert einige Zuhörer.

Stuttgart - Die meisten stehen noch vor der Tür, ein paar wenige sitzen an der Wand. Leise, elektronische Sounds sind im Hintergrund zu hören - noch sind die Gäste in Gespräche vertieft. Es ist Freitagabend in der Bar White/Noise auf der Eberhardstraße. Ein Abend, der erst beginnt. Die Gäste warten. Und zwar nicht darauf, dass der Abend in Fahrt kommt, sondern auf ihren DJ. Oder besser gesagt: ihren Vorleser.

 

Technopionier Westbam, alias Maximilian Lenz, ist angekündigt. Aus seiner just erschienen Autobiografie „Die Macht der Nacht“ will er vorlesen. Mit StZ-Redakteur Ingmar Volkmann anschließend darüber sprechen. „Westbam habe sich aber erkältet“, heißt es am Abend. Erst eine Stunde später taucht er auf, bestellt sich dann einen Pfefferminztee und setzt sich mit schwarzer Sonnenbrille auf die Bühne.

Sein Schreibstil ist eher kindlich

Als er zu Lesen beginnt, ist es vor allem der kindliche Schreibstil, der einen in den Bann zieht - fast. Die einfachen, kurzen Sätze und die schöne Erzählform, werden schnell mit Jugendwörtern und Songtitel wie „leidergeil“ oder „Chabos“ gestört. Auch das Ausschmücken mit Fremdwörtern erschweren plötzlich das Zuhören. Es dauert eine Weile, bis man sich an den Stil gewöhnt. „Man kann das Buch schlecht Kategorisieren“, sagt Westbam zur Einordnung. Womit er recht hat: Allein in seinen drei vorgelesenen Kapiteln, berichtet er von der Clubkultur in den Neunzigern, ordnet den Techno geschichtlich in die Musikszene ein und erzählt zugleich von seinem Leben als heranwachsender Musikhörer und DJ. Besonders prägten den mittlerweile 50-Jährigen die ersten Clubbesuche in Berlins Technoläden. Man stelle sich vor: ein junger Westbam in einem Karibikshirt mitten auf der Tanzfläche eines großen Clubs, wo in Lack gekleidete Menschen sich der Musik hingeben. „Es ging nicht darum, dass man auf die Tanzfläche steigt und zeigt, zu welchem Song man tanzen muss, sondern man fühlte einfach die Musik“, sagt er.

Die rund 100 Gäste im White/Noise sind von Westbams Nachtgeschichten begeistert. An ihren grinsenden Gesichtern lässt sich erkennen, an welche Clubs oder Festivals sie sich erinnern. Besonders bei der Passage über das von Westbam gegründete Mayday Festival: „Beim Mayday hatten wir erstmals viele große Techno DJs auf einem Festival“, liest Westbam und gibt Einblicke hinter die Kulisse des mit größten Indoor-Techno-Festivals, „die Halle musste noch kurz vor Einlass abgenommen werden, die Frankfurter wollten zehn Leute auf der Gästeliste haben mit VIP-Pässen…“

Man merkt, dass Westbam selbst ein Teil der Technogeschichte ist. Dass er sie an diesem Abend im White/Noise fortsetzt und so die Nachtgeschichte der Besucher begleitet - wenn auch nicht musikalisch.