Seit 20 Jahren arbeitet Günter Beeg auf der Polizeistation Obertürkheim, davor seit 1978 in Untertürkheim – und kennt sich aus im Ort: „Ich kenne fast schon die Farben der einzelnen Häuser“, sagt Beeg.

Obertürkheim - In Amerika nennt man es Neighbourhood Watch, in Obertürkheim hat das Phänomen keinen Namen. Man passt einfach aufeinander auf. In dieser dörflichen Gegend weiß man noch, dass der Nachbar immer um 8 Uhr geht und nach der Arbeit heimkommt. Man weiß auch, dass der Rentner von nebenan immer morgens mit dem Auto seine Brötchen holt. Oder dass die andere Nachbarin gerne zur Gemüsetante an der Straße geht. Wenn einmal etwas anders ist, fällt das schnell auf.

 

„Wenn ein Fremder auftaucht, der wird hinter dem Vorhang beobachtet“, sagt der Ortspolizist Günter Beeg. „Das ist auch der Grund dafür, warum an der Uhlbacher Straße so wenig passiert.“ Davon ist der 58-Jährige überzeugt. Seit 20 Jahren arbeitet er in der Polizeistation Obertürkheim, davor seit 1978 in Untertürkheim – und kennt sich aus im Ort: „Ich kenne fast schon die Farben der einzelnen Häuser“, sagt Beeg.

Die Uhlbacher Straße ist – genauso wie der Ort – offensichtlich ein ruhiges Pflaster. Das bestätigt die Statistik: Während die Obertürkheimer 1,4 Prozent der Stuttgarter Bevölkerung ausmachen, passieren lediglich 0,6 Prozent der Stuttgarter Straftaten in Obertürkheim. Und auch bei den Einbrüchen ist der Ort unauffällig. 2011 wurde hier 18-mal eingebrochen, 2012 waren es 13 Einbrüche. In diesem Jahr gab es auch schon ein paar Fälle. „Das ist schlimm für jeden Betroffenen“, sagt ein Sprecher der Stuttgarter Polizei. „Die Leute sind sehr sensibel in dieser ruhigen Gegend“, sagt auch Günter Beeg. Und wenn mal etwas passiert, dann sei die Angst da, dass es einen selbst treffen könnte.

Damit lässt sich die Reaktion eines Straßenbewohners erklären, als er die Reporterin auf Erkundungstour an der Straße – bewaffnet mit Fahrrad, Helm, Kamera, Block und Stift – erspähte. Er griff zum Telefon und alarmierte die Polizei. Die Unbekannte, also ich, könnte ja ein Einbrecher sein, der die Häuser an der Uhlbacher Straße ausspähen will. Der Mann setzte sich ins Auto und fuhr mir hinterher, nur um mir mitzuteilen: „Sie, wegen Ihnen hab’ ich die Polizei gerufen.“ Und außerdem: „Was machen Sie eigentlich hier ?“

Günter Beeg schmunzelt. Diese Episode sieht der erfahrene Polizist eher als Ausnahme. Aufgeschreckt sei die Bevölkerung nicht, eher aufmerksam. Was ansonsten passiert, sind eher Lappalien. Manchmal bleiben wegen der schmalen Fahrbahn Autos aneinander hängen. Ab und zu sind Rabauken unterwegs, die den Lack der geparkten Fahrzeuge zerkratzen. Und im Juli ist jemand in die Obertürkheimer Kelter eingebrochen. Bis ins Büro sind sie nicht gekommen – und den Wein haben sie auch stehen lassen. „Vielleicht war es nicht ihre Sorte“, meint Günter Beeg.