Doch Miegel dämpft die Erwartungen: Die Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität", der er angehört, habe sechzig Indizes geprüft. Die wenigsten davon würden irgendwo angewendet werden - und wenn, dann sei der Effekt praktisch null.

 

Man könnte heulen, so ausweglos erscheint die Lage. Welzer versucht zu trösten: "Niemand hat die Aufgabe, die Welt zu retten", sagt er. Er würde den Politikern raten, dem Volk ehrlich zu sagen, dass es so nicht weitergehen darf. Die Wähler seien klug genug, um das zu verstehen. Doch ausgerechnet an dieser Stelle bricht die Harmonie, denn Miegel widerspricht: Politiker würden immer wieder das Blaue vom Himmel versprechen, weil ihnen dann zuverlässig die Herzen zuflögen.

Nachbarschaftsgärten, Energiegenossenschaften, Carsharing!

Doch dann, kurz vor Schluss, als Miegel schon festgestellt hat, alles Notwendige sei gesagt, bricht es aus Harald Welzer heraus: Nachbarschaftsgärten, Energiegenossenschaften, Carsharing! Man müsse die Lebenspraxis dort ändern, wo es möglich sei. Und wer es als Einschränkung empfindet, ein Auto mit anderen zu teilen, dem rät er zu einer neuen Perspektive: Nach Feierabend einen Parkplatz suchen, zweimal im Jahr die Reifen wechseln - das ist doch auch kein Leben. Und wer hätte nicht gerne bessere Luft in den Innenstädten?

Diesen schönen Gedanken könnte man weiterspinnen. Wer hat zum Beispiel die Mär in die Welt gesetzt, Windräder würden die Landschaft verschandeln? Vielleicht wird man einmal bei ihrem Anblick an eine leuchtende Zukunft denken? Zum Glück läuft die Zeit davon, das Publikum wird entlassen. Sonst hätte Meinhard Miegel sicher noch etwas Wasser in den Wein gegossen.

Um die Dinge so pessimistisch zu sehen, wie sie sind, muss man weder studiert noch wissenschaftlich abgesicherte Daten haben. Die präzisen Zahlen sind ohnehin egal, da es um einen Trend geht. Dennis Meadows, einer der Autoren des Club-of-Rome-Berichts von 1972, soll neulich vor einer Enquete-Kommission des Bundestags zu Protokoll gegeben haben, dass es für ein Umkehren schon zu spät sei. Man könne höchstens versuchen, sich für die kommenden Katastrophen zu wappnen.

"Sind wir die Heuschrecken des Planeten?"

Langsam regt sich Zustimmung im Publikum. "Sind wir die Heuschrecken des Planeten?", fragt ein Zuhörer. Er habe eine gute Nachricht, antwortet Miegel: Einige Menschen würden überleben. Und Welzer warnt vor der Illusion, man könne den Ressourcenverbrauch einschränken, ohne den Wohlstand aufzugeben. Ein Optimist wie Ernst Ulrich von Weizsäcker hält es für möglich, bei stabilem Wohlstand den Naturverbrauch um 80 Prozent zu reduzieren. Aber Optimisten melden sich an diesem kurzweiligen Abend nicht zu Wort.

Das mit dem Wohlstand ist ein heikler Punkt, denn wer verzichtet schon freiwillig? Da wir in einer Demokratie leben, in der Mehrheiten entscheiden, wird man wohl vergeblich auf einen Ruck warten. Und man darf hinzufügen, dass die Sache nicht leichter wird, wenn sich 194 Staaten auf einem UN-Klimagipfel im Konsensverfahren auf ein substanzielles Abkommen einigen sollen.

Also sucht man nach einem neuen Ansatz, der den Stillstand überwindet. Vielleicht muss man Wachstum neu definieren? Wachstum meint meist Wirtschaftswachstum, und das wird durch das Bruttosozialprodukt erfasst, die Summe aller Einkommen. Das Königreich Bhutan orientiert sich hingegen an einem Bruttoglücksprodukt, und auch England will demnächst die Zufriedenheit seiner Bürger erheben.

"Niemand hat die Aufgabe, die Welt zu retten"

Doch Miegel dämpft die Erwartungen: Die Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität", der er angehört, habe sechzig Indizes geprüft. Die wenigsten davon würden irgendwo angewendet werden - und wenn, dann sei der Effekt praktisch null.

Man könnte heulen, so ausweglos erscheint die Lage. Welzer versucht zu trösten: "Niemand hat die Aufgabe, die Welt zu retten", sagt er. Er würde den Politikern raten, dem Volk ehrlich zu sagen, dass es so nicht weitergehen darf. Die Wähler seien klug genug, um das zu verstehen. Doch ausgerechnet an dieser Stelle bricht die Harmonie, denn Miegel widerspricht: Politiker würden immer wieder das Blaue vom Himmel versprechen, weil ihnen dann zuverlässig die Herzen zuflögen.

Nachbarschaftsgärten, Energiegenossenschaften, Carsharing!

Doch dann, kurz vor Schluss, als Miegel schon festgestellt hat, alles Notwendige sei gesagt, bricht es aus Harald Welzer heraus: Nachbarschaftsgärten, Energiegenossenschaften, Carsharing! Man müsse die Lebenspraxis dort ändern, wo es möglich sei. Und wer es als Einschränkung empfindet, ein Auto mit anderen zu teilen, dem rät er zu einer neuen Perspektive: Nach Feierabend einen Parkplatz suchen, zweimal im Jahr die Reifen wechseln - das ist doch auch kein Leben. Und wer hätte nicht gerne bessere Luft in den Innenstädten?

Diesen schönen Gedanken könnte man weiterspinnen. Wer hat zum Beispiel die Mär in die Welt gesetzt, Windräder würden die Landschaft verschandeln? Vielleicht wird man einmal bei ihrem Anblick an eine leuchtende Zukunft denken? Zum Glück läuft die Zeit davon, das Publikum wird entlassen. Sonst hätte Meinhard Miegel sicher noch etwas Wasser in den Wein gegossen.

Termin Am 23. November wird die Diskussionsreihe der Stadtbibliothek und des Internationalen Zentrums für Kultur- und Technikforschung fortgesetzt. Das Thema: Fortschritt und Risiko.