Der Bund will den Zustrom aus Mazedonien, Bosnien und Serbien bremsen. Er erklärt diese Länder zu sicheren Drittstaaten. Damit haben Asylbewerber von dort kaum noch eine Chance.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Seit 2009 brauchen Menschen aus Serbien und Mazedonien kein Visum mehr bei der Einreise nach Deutschland. Ein Jahr später entfiel die Visumpflicht auch für Bosnien und Herzegowina. In der Folge stieg die Anzahl von Asylanträgen von Personen aus dieser Region stark an. Inzwischen kommen ein Fünftel der Asylbewerber vom Balkan. 2013 waren es mehr als 20 000, die meisten davon Roma. Anrecht auf Asyl in Deutschland bekommen aber nur wenige von ihnen zugesprochen – im vergangenen Jahr waren es insgesamt drei. 12 070 Einwanderer vom Balkan haben vor Gericht Asylrecht einzuklagen versucht. 39 Serben, 26 Mazedonier und 17 Bosnier durften danach hierbleiben.

 

In neun von zehn Fällen dieser Klientel seien die Asylanträge aber „offensichtlich unbegründet“, argumentieren die zuständigen Behörden. Die Bundesregierung will die drei Balkanländer deshalb zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklären, um Geld und Aufwand für langwierige, letztlich aber aussichtslose Asylverfahren zu sparen. Das Kabinett hat ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Die Asylverfahren werden für Menschen aus den drei Balkanstaaten damit auf eine Woche verkürzt. Klagen haben keine aufschiebende Wirkung mehr. Auch der Sozialhilfebezug wird entsprechend gekappt. Damit werde „der Anreiz für eine Asylantragstellung aus wirtschaftlichen Gründen reduziert“, heißt es im Entwurf.

Die UN sehen zwar eine Benachteiligung, aber keine Verfolgung

Die Regierung stützt sich bei ihrem Urteil zur Lage in der fraglichen Balkanregion auf den Flüchtlingskommissar der UN, das Internationale Rote Kreuz und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen. Demnach seien Angehörige der Roma-Minderheit in Bosnien zwar „in vielen Belangen nach wie vor gesellschaftlich benachteiligt“ und lebten „häufig in einer schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Lage“. Eine Verfolgung finde aber nicht statt. In Mazedonien sei die Lage ähnlich. „Es kommt vereinzelt vor, dass Angehörige von Minderheiten öfter als andere von schikanösem Verhalten von Polizisten betroffen sind“, heißt es. Solche Art der Diskriminierung sei aber „selten mit Verfolgung in asylrechtlichem Sinne gleichzusetzen“. In Serbien wird die Situation für Roma ähnlich beurteilt.

Menschenrechtsorganisation kommen zu anderen Schlüssen. Amnesty International schreibt in einer Stellungnahme, Roma würden in den besagten Balkanländern „elementare Rechte versagt“. Sie würden „in vielen Lebensbereichen diskriminiert“ und hätten „oftmals Schwierigkeiten bei der Ausstellung von öffentlichen Dokumenten“. Zudem seien Frauen und Kinder aus Roma-Familien dort häufig Opfer von Menschenhandel. Pro Asyl bewertet die Argumente der Regierung als „verharmlosend und irreführend“. In den drei Balkanstaaten herrsche eine „langlebige Intoleranz gegenüber Minderheiten“. Die Roma seien dort „oft Hetze und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt“. Die Grüne Luise Amtsberg argumentiert ähnlich. Roma und andere Minderheiten würden auf dem Balkan „noch immer massiv rassistisch diskriminiert“. Die Diskriminierung sei „in vielen Fällen so umfassend, dass den Betroffenen der Zugang zu Arbeit, medizinischer Versorgung, regulären Wohnungen und oft gar zu sauberem Trinkwasser verwehrt bleibt“.