Bis zu 7000 Euro sollen einem Bericht zufolge für Gesprächsrunden mit SPD-Spitzenpolitikern an eine Tochterfirma der Partei geflossen sein. Die Betroffenen haben davon angeblich nichts gewusst. Auch wenn rechtlich daran wohl nichts zu beanstanden ist, gibt sich die Parteiführung zerknirscht – aus gutem Grund.

Berlin - Die SPD-Spitze gibt sich nach Berichten über gesponserte Gesprächsrunden mit hochrangigen SPD-Politikern reumütig, erklärt die Veranstaltungsreihe für beendet und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Kommunikationsagentur Network Media GmbH (NWMD), die diese Veranstaltungen organisierte. Der Fall ist für die SPD besonders pikant, weil die NWMD eine Tochterfirma der Parteizeitung „Vorwärts“ ist. Von deren „Geschäftspraktiken“ habe man jedoch nichts gewusst, sagte SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan, der im Bundesvorstand zuständig ist für die Unternehmensbeteiligungen der Partei.

 

Das ZDF-Magazin „Frontal 21“ hatte berichtet, dass Unternehmen oder Lobbygruppen für 3000 bis 7000 Euro bei der Agentur Veranstaltungen mit SPD-Politikern buchen können. An diesen „Vorwärts-Gesprächen“ sollen unter anderem Justizminister Heiko Maas, Arbeitsministerin Andrea Nahles, Familienministerin Manuela Schwesig und Fraktionschef Thomas Oppermann teilgenommen haben. NWMD hat inzwischen versichert, dass der Vorwärts-Gruppe und damit letztendlich auch der SPD keine Gewinne entstanden sind. Die Einnahmen seien ausschließlich zur Deckung der Kosten für die Gesprächsreihe verwandt worden. Außerdem hätten die Sponsoren die Teilnehmer nicht selbst bestimmen können. Ein Drittel der Veranstaltungen hätte ohne Sponsoring stattgefunden.

Die Bundestagsverwaltung hat zwar kundgetan, dass bisher keine Anhaltspunkte für eine unerlaubte Parteienfinanzierung vorlägen. Gleichwohl haben Partei- und Fraktionsspitze der SPD die politische Brisanz des Vorgangs erkannt und die Notbremse gezogen. Vizefraktionschefin Eva Högl sagte dem RBB, das Vorgehen sei „überhaupt nicht klug“. Selbst wenn das „rechtlich zulässig ist, dann darf es das nicht geben.“ Man müsse deshalb zu „zu viel schärferen Regeln kommen, was das Sponsoring insgesamt angeht.“ Schatzmeister Nietan versicherte, die Politiker, die an der Gesprächsreihe teilnahmen, seien nicht darüber informiert worden, wie die Gespräche vermittelt wurden. Sie würden sich deshalb auch gegen den Eindruck verwahren, „dass sie solche Gespräche unter der Voraussetzung führten, dass Geld fließt“. Für die SPD sei „selbstverständlich“, dass „kein Zugang zu Amtsträgern, Abgeordneten oder Parteifunktionären erkauft werden“ könne. Man werde jetzt eine „interne Prüfung“ vornehmen, so der Schatzmeister. Klar sei: „Vorwärts-Gespräche, ob mit oder ohne Sponsoring, wird es in Zukunft nicht mehr geben.“

LobbyControl: „Das reicht nicht!“

Annette Sawatzki von der Organsisation „LobbyControl“ sieht darin einen „positiven ersten Schritt“, der allerdings nicht ausreiche. Die SPD müsse das gesamte Angebot ihrer Agentur NWMD zur Kontaktvermittlung sofort stoppen und alle Informationen über die gesponserten Vorwärts-Gespräche offenlegen. Die Einschätzung der Bundestagsverwaltung unterstreiche außerdem, wo das eigentliche Problem liege. Demnach erstrecke sich die Rechenschaftspflicht der politischen Parteien über ihre Finanzen nicht auf das Zahlenwerk von eigenständigen Tochterfirmen. Damit räume die Bundestagsverwaltung nach Ansicht von LobbyControl ein, dass hier eine Regelungslücke besteht. Weil es bei der Abfassung des Parteiengesetzes noch kein Sponsoring gegeben habe, seien deshalb dort nur Spenden geregelt. Das Sponsoring habe sich „zur Dunkelkammer der Parteienfinanzierung entwickelt“, sagt Sawatzki. Sponsorengelder an Parteien müssten deshalb „endlich offengelegt werden, auch wenn sie über Tochterfirmen der Parteien laufen.“

Der Vorgang erinnert an die so genannte Rent-a-Rüttgers-Affäre. 2010 war bekannt geworden, dass die CDU in Nordrhein-Westfalen Unternehmen gegen Geld exklusive Gespräche mit dem damaligen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers anbot. 2010 kritisierte der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel diese Praxis scharf. „Wir verkaufen keine Amtsträger und auch nicht die Partei an andere Leute, die genug Geld haben“, so Gabriel damals.