Der Schauspieler Ewan McGregor spricht im Interview über seine Versöhnung mit Regisseur Danny Boyle, die letzten 20 Jahre und das Urteil seiner Tochter über „Trainspotting“.

Es gibt Rollen im Leben eines Schauspielers, die alles verändern. Für den schottischen Schauspieler Ewan McGregor war es die Rolle des Heroinsüchtigen „Renton“ in Danny Boyles „Trainspotting“. „Trainspotting“ wurde zum Kultfilm mehrerer Generationen, immer wieder war von einer Fortsetzung die Rede. Doch nachdem sich Regisseur Danny Boyle und sein Hauptdarsteller Ewan McGregor so zerstritten hatten, dass sie nicht einmal mehr miteinander sprachen, hatte niemand mehr damit gerechnet. An diesem Donnerstag läuft der Film nun tatsächlich in unseren Kinos an. Beim Interviewtermin in London erklärt uns Ewan McGregor das Kinowunder.

 
Herr McGregor, nachdem Danny Boyle nicht Sie, sondern Leonardo DiCaprio für seinen Film „The Beach“ besetzt hatte, um von den Geldgebern ein größeres Budget zu bekommen, herrschte zwischen Ihnen Funkstille. Wann haben Sie sich wieder versöhnt?
Das war ein langsamer Prozess, der sich über Jahre entwickelt hatte. Das erste Mal habe ich Danny nach langer Zeit in einem kleinen Restaurant in Soho wieder getroffen. Ein Zufall – und ich hatte überhaupt nicht damit gerechnet. Ich hatte mir vorher gar nicht vorstellen können, was passiert, wenn wir uns wieder begegnen.
Und wie haben Sie reagiert?
Ich habe ihn ganz fest in den Arm genommen. Nach diesem jahrelangen Schweigen wollte ich ihn einfach nur drücken. Das war meine erste und instinktive Reaktion. Denn ich liebe ihn. Wir sind uns dann immer wieder begegnet, und schließlich waren wir alle wieder so weit, „Trainspotting 2“ in Angriff zu nehmen. Und ich bin so froh darüber. Ich kann meine Gefühle gar nicht richtig beschreiben, als ich den fertigen Film zum ersten Mal auf der Premiere gesehen habe. So etwas habe ich noch nie erlebt. Es hat mich bis in mein Innerstes getroffen.
Was hat Sie so sehr berührt?
Das war wie eine Reise in die Zeit, als ich noch jung war. Es gibt im Film diese Momente, in denen Szenen aus dem ersten Film mit neuen verschmelzen. Das war sehr emotional für mich. Plötzlich schien mir meine Jugend sehr weit zurückzuliegen.
Was war das für ein Gefühl, nach zwanzig Jahren wieder in Original-Besetzung auf dem Filmset zu stehen?
Es fühlte sich sehr unwirklich und surreal an. An meinem ersten Drehtag kam ich ans Set und sah plötzlich diese Schilder, auf denen stand: „Trainspotting Unitbase“ oder „Trainspotting Crew“. Und dann stand da Danny Boyle am Monitor hinter der Kamera. Ich war völlig überwältigt. Es war beinahe ein bisschen zu viel für mich. Ich konnte immer noch nicht realisieren, dass wir diesen Film wirklich machen.
Ich fühlte mich irgendwie alt, nachdem ich den Film gesehen hatte . . .
Willkommen im Club. Mir ging es genauso. Gleichzeitig fing ich dann an, darüber nachzudenken, wie schnell die Zeit vergangen und was in diesen zwanzig Jahren alles passiert ist. Es war natürlich nicht unsere Intention, mit nostalgischer Schwermut in die Vergangenheit zu blicken. Das ist eher so ein Nebeneffekt des Films. Damals waren wir eben noch jung, und heute sind wir es eindeutig nicht mehr.
Wer waren Sie vor zwanzig Jahren, als Sie diese Rolle zum ersten Mal gespielt haben?
Ich war damals absolut überzeugt von diesem Projekt. Danny Boyle hat mir das Drehbuch gegeben, als wir mit unserem Film „Kleine Morde unter Freunden“ auf dem „Sundance Filmfestival“ waren. Er sagte damals: „Wir bieten dir jetzt nicht die Rolle an. Aber lies das Drehbuch, und sag uns, was du davon hältst.“ Als ich es gelesen hatte, war ich begeistert. Und es existiert keine Rolle, die ich jemals so sehr spielen wollte wie diese. Anschließend habe ich sofort versucht, Danny davon zu überzeugen, dass ich sein „Renton“ bin.