OA Krimmel ist Gestalter – und gestaltet am liebsten die Umwelt um ihn herum, gern in Stuttgart-Nord, wo er lebt, aber auch im Rest der Stadt. Bestes Beispiel ist das Erscheinungsbild des Fernsehturms.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord - Dem Namen OA Krimmel begegnet man in Stuttgart-Nord, aber auch in den anderen Innenstadtbezirken und im Rest der Stadt häufiger: Das Plakat, das zur Verabschiedung von Pfarrer Steinbach an der Kirche St. Georg hing, war von ihm: „Wie heißt der Bach, der durch St. Georg fließt? Der Johannes Steinbach!“, war darauf zu lesen. Die kürzlich beendete Ausstellung an der Killesberghöhe zur Geschichte des Höhenparks ist ebenfalls von ihm kuratiert worden.

 

OA Krimmel ist Gestalter und Designer, er hat an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste am Weißenhof Kommunikationsdesign studiert. „Eigentlich geht es um die Gestaltung meiner ganz persönlichen Umwelt. Wir leben hier, und umso mehr Spaß macht es, alles so zu gestalten, dass man sich wohlfühlt“, sagt er.

Sein Büro, das i-d-Büro, liegt in einem versteckten Hinterhof im Westen. Fünf Angestellte haben er und seine Frau Anja Osterwalder. Von hier aus hat Krimmel beispielsweise das Erscheinungsbild des Restaurants Scholz im Park und des Eiscafés Schloz gestaltet. Auch die Optik des Landesmuseums im Alten Schloss, der Speisemeisterei im Schloss Hohenheim oder der Kneipe Schankstelle geht auf seine Ideen zurück. Entwürfe von ihm sind schon mehrfach ausgezeichnet worden, etwa mit dem „Red Dot Design Award“.

Ohne Herzblut geht die Arbeit nicht

Als der Fernsehturm noch offen war, hieß das Restaurant im Erdgeschoss „Unten“, das Café im Korb „Oben“ und der Biergarten „Draußen“ – auch das waren Krimmels Ideen. Über den Fernsehturm hat er ein Buch verfasst, „Der Erste der Welt“. Der Architekt Erwin Heinle, der gemeinsam mit dem Bauingenieur Fritz Leonhardt den Fernsehturm errichten ließ, stiftete 1981 an der Kunstakademie einen Preis für die jahrgangsbesten Absolventen – den hat Krimmel auch schon bekommen. „So schließen sich die Kreise“, sagt Krimmel. „Oder vielleicht bin ich es auch, der sie aktiv schließt.“

Sein Büro ist keine klassische Werbeagentur, sondern eine Designagentur. „Werbung verspricht gerne viele Dinge, Design braucht aber eine stärkere Wurzel. Wir schaffen etwas, das aus realer Identität besteht. Und ohne Herzblut geht die Arbeit gar nicht.“ Ein bisschen wie die „Sendung mit der Maus“ sei es, sich ganz auf ein Projekt einzulassen und sich intensiv mit einem neuen Thema zu beschäftigen: „Man lernt so viel dabei.“ Mit dieser Neugier, der Stadt Geheimnisse zu entlocken, geht Krimmel alle Projekte heran. „Es gibt in der Stadt viele Dinge zu entdecken, freizuschaufeln.“ Daher kommt auch sein Spitzname als „Stadtarchäologe“.

Zwar arbeitet Krimmel oft auch in anderen Teilen Deutschlands. „Ein regionales Faible funktioniert nur, wenn man auch immer wieder woanders ist. Ich bin gerne woanders, komme aber immer gerne wieder hierher zurück.“ Die Arbeiten in Stuttgart seien oft keine klassischen Auftragsarbeiten, sondern „sind inspiriert von meiner Umwelt, davon, etwas zurückzugeben.“

Kritik übt er an den Stadtplanern

Krimmel lebt mit Frau und Kindern in Stuttgart-Nord: „Ich habe in den Norden eingeheiratet“, sagt er und grinst, „und drei Nordkinder haben wir auch“. Eins davon war kürzlich Protagonistin beim Projekt „S-Nord – ein Stadtteil dreht sich“ des Staatsschauspiels. Als visueller Mensch hat Krimmel viele Lieblingsecken in Stuttgart – „das Lapidarium, den Höhenpark, ich finde eigentlich alles super, es gibt überall etwas zu entdecken.“ Andererseits gibt es auch einiges, das ihm nicht gefällt. Kritik übt er an den Stadtplanern. „Dauernd werden Dinge gebaut, die groß und teuer sind, und nach zehn Jahren merkt man, dass sie total hässlich sind.“ Einst das Schwabenzentrum, heute Milaneo und Gerber.

„Vielleicht sind die Dimensionen einfach zu groß“, sagt Krimmel. „Immer wenn Stuttgart große Chancen hat, werden sie versemmelt.“ Die Weißenhofsiedlung sei das beste Beispiel dafür, dass auch Neubaugebiete ordentlich werden könnten: „Man ist aber oft schnell bereit, Dinge der Zukunftsgläubigkeit zu opfern.“ Gerade Städte wie Lyon oder Zürich zeigen nach den Worten von Krimmel, dass moderne Stadtplanung gut sein kann: „Da hat man eine avantgarde-nahe Moderne, die trotzdem lebenswert und menschlich ist.“

Aktuell arbeitet Krimmel am Erscheinungsbild eines Gasthauses, das im Westen eröffnen will. Und auch bei der Wiedereröffnung des Fernsehturms will Krimmel mit seinem Büro gestalterisch dabei sein. „Ideen habe ich dazu schon viele. Nur verraten kann ich sie noch nicht.“