Wie hält man die Mitarbeiter fit? Stuttgarter Betriebe setzen auf ein Gesundheitsmanagement direkt am Arbeitsplatz. Das Modell verspricht Erfolg.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Für die „bewegte Mittagspause“ muss kein Banker seinen Anzug ausziehen. Die Gymnastik- und Entspannungsübungen wenige Schritte entfernt von der Kantine der Landesbank LBBW sind nicht darauf angelegt, dass man ins Schwitzen kommt. 20 Minuten dauert das tägliche Angebot für die Mitarbeiter der Landesbank, von dem auch die profitieren sollen, die normalerweise nicht unbedingt ein Fitness-Studio aufsuchen würden.

 

Wie kann man die Rahmenbedingungen so gestalten, dass die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter erhalten bleibt? Mit dieser Frage setzt sich der Gesundheitsmanager der Landesbank, Robert Amhof, auseinander. Seit 2008 deckt man das Thema Gesundheit bei der Bank nicht mehr nur über den Betriebsarzt ab, sondern geht es systematisch an. Die „bewegte Mittagspause“ ist da nur ein kleiner Baustein in einem großen Konzept, zu dem die Verpflegung in der Kantine genauso gehört wie das Themenfeld Vereinbarkeit von Familie und Beruf. „Gesundheit kann man auch mit Wohlbefinden übersetzen“, sagt Amhof. Ihm sei Prävention wichtig: dass diejenigen, die gesund sind, möglichst nicht krank werden und motiviert bleiben.

Die Deutschen sind pro Jahr 14,8 Tage lang krank

Dass sich die LBBW einen Gesundheitsmanager leistet, ist Ausdruck eines Trends: „Gesundheitsmanagement wird bei den Unternehmen ein immer größeres Thema“, sagt die Referentin Stefanie Thimm von der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart. Auf den ersten Blick erscheint das überraschend: Auch wenn die Krankheitstage inzwischen wieder leicht steigen, sind sie im Vergleich zum Anfang der 90er Jahre niedrig. 2010 fehlten die Deutschen im Schnitt 14,8 Tage im Jahr.

Doch Fehltage sagen wenig darüber aus, wie gesund sich Mitarbeiter tatsächlich fühlen und wie motiviert sie sind. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von Präsentismus: dass Angestellte aus Angst, ihren Job zu verlieren, krank zur Arbeit kommen und deshalb weniger leistungsfähig sind. Das koste die Unternehmen mehr Geld, als ihnen bewusst sei, so der Sportwissenschaftler Steffen Kramer, Geschäftsführer der Stuttgarter Unternehmensberatung Meisterleistung, die sich auf Gesundheitsmanagement spezialisiert hat. Kramer macht sich keine Sorgen, was die Zukunftsfähigkeit des eigenen „Betriebs“ angeht: „Wir sind in einem guten Markt.“ Aufgrund des demografischen Wandels würden schließlich schon jetzt Fachkräfte knapp. Deshalb werde es immer wichtiger, erfahrene Mitarbeiter lange zu halten, aber auch, attraktiv für Bewerber zu sein. „Gerade Führungskräfte schauen inzwischen ganz genau darauf, dass ein Arbeitgeber mehr bieten kann als nur Geld“, sagt er.

Bosch und Daimler sind die Vorreiter

Vor allem Daimler und Bosch gelten allgemein als Vorreiter beim Gesundheitsmanagement. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen ist es deutlich schwieriger, Beispiele aus Stuttgart zu finden. „Aber die Bereitschaft, etwas zu tun, nimmt auch hier zu“, sagt Alfred Bauser. Er ist der Teamleiter Gesundheitsförderung bei der AOK für den Raum Stuttgart und Böblingen.Die meisten Betriebe hätten erkannt, dass sie ihre Mitarbeiter fit halten müssten. „Nur die Umsetzung ist für viele nicht so einfach“, sagt Bauser.

Es ist eben etwas anderes, ob sich der Chef oder eine Führungskraft persönlich und zusätzlich zum eigentlichen Aufgabengebiet kümmern muss oder ob dies ein Gesundheitsmanager übernimmt. Die Krankenkassen versuchen, den Einstieg leicht zu machen, indem sie die Betriebe bei der Ausrichtung von Gesundheitstagen unterstützen oder weitere Angebote machen, indem sie Fachtagungen und Symposien zum Thema organisieren.

Dennoch muss sich bei kleineren und mittleren Unternehmen letztlich immer jemand finden, der hier zusätzliche Energie investieren will. Bei Haufler am Marktplatz zum Beispiel steht der Verkaufsleiter Martin Grimme hinter den Angeboten: So hat er ein Seminar mit einem Psychologen über Stressabbau organisiert. „Die Mitarbeiter haben das sehr gut angenommen“, sagt Grimme, der weiß, dass man beim Gesundheitsmanagement am Ball bleiben muss. „Das ist natürlich ein permanenter Prozess.“

Der Chef kümmert sich persönlich ums Fitnessprogramm

Bei dem Feuerbacher Unternehmen Türenmann kümmert sich der Chef persönlich. Tobias Rehder geht mit positivem Beispiel voran. Zweimal in der Woche steht Sport im Kalender. Der geschäftsführende Gesellschafter des Handwerkbetriebs versucht aber auch seine 50 Stuttgarter Mitarbeiter dazu zu bewegen, regelmäßig etwas für die körperliche Fitness zu tun. Rehder ermöglicht seit 2007 allen den Besuch eines medizinischen Fitness-Studios in Feuerbach. „Mein Hauptziel ist, meine Mitarbeiter fit zu halten“, sagt der 48-jährige Stuttgarter. Seine Monteure müssen harte körperliche Arbeit leisten – wer täglich dreifachverglaste Fenster trägt, hat ein großes Risiko für körperlichen Verschleiß.

Rehder räumt ein, dass das Sportangebot am Anfang am besten angenommen wurde. „Irgendwann kommt der innere Schweinehund ins Spiel.“ Mit vier gemeinsamen Sporttagen im Jahr versucht er die Motivation seiner Angestellten in Gang zu halten. „Das gemeinsame Erlebnis ist gut für die psychische Gesundheit“, sagt er.

Inzwischen macht sich die Investition für ihn auch bezahlt – allein das Sportstudio kostet jährlich 500 Euro pro Person. „Aber mit Ausfällen aufgrund von Rückenleiden habe ich inzwischen keine Probleme mehr“, sagt Tobias Rehder.