Eine australische Studie zeigt: Wer täglich Sonnencreme benutzt, dessen Haut altert weniger schnell – sie hat weniger Falten und sieht deutlich jünger aus. Gleichwohl sollte man die Sonne nicht verteufeln: Sie tut der Seele gut und bremst ein überaktives Immunsystem.

Stuttgart - Asiatinnen sind zu beneiden. Beginnt sich manche deutsche Frau schon mit dreißig über die ersten Fältchen zu grämen, sehen Chinesinnen und Japanerinnen laut Untersuchungen noch bis ins 50. Lebensjahr bis zu zehn Jahre jünger aus. Über Falten und Fältchen hat man in Tokio und Peking seltener zu klagen. Auch bei Südamerikanern gräbt sich das Leben weniger tief in die Züge als hierzulande ein. Dagegen bleiben Europäer länger von Pigmentflecken verschont.

 

Altern ist nun einmal eine sehr individuelle Sache. „Ich habe hier schon Patienten erlebt, die sahen mit Mitte vierzig aus wie Anfang zwanzig“, sagt Berthold Rzany, ehemaliger Leiter der Arbeitsgruppe Evidenzbasierte Medizin in der Dermatologie der Berliner Uniklinik Charité und inzwischen in der Stadt in eigener Privatpraxis tätig. Andere wünschten sich dagegen schon mit 35 eine Botoxspritze.

Cremen für die Wissenschaft

In einer aktuellen Studie haben nun australische Forscher gezeigt, dass sich der Alterungsprozess der Haut verzögern lässt – wenn man sich ausreichend mit Sonnencreme einschmiert: 365 Tage im Jahr, sommers wie winters, bei Sonnenschein und Regen. Die Mediziner hatten insgesamt 903 gesundheitsbewusste Landsleute – jeder Dritte trug zum Beispiel schon vorher stets einen Hut in der Sonne – im Alter von 25 bis 55 Jahren zufällig zwei Gruppen zugeteilt. Die einen nutzten täglich üppig Sonnencreme der Lichtstärke 15, die anderen schützten sich weiter wie bisher. Das erstaunliche Ergebnis: nach viereinhalb Jahren war die Haut der Kontrollpersonen deutlich gealtert, wie sich aus Abdrücken ablesen ließ; die der Sonnencreme-Benutzer jedoch nicht. Aus dem ursprünglichen Stadium 4 (insgesamt unterschieden die Wissenschaftler sieben Grade der Hautalterung, wobei null dem Stadium eines Babypopos entspricht) waren nur die Normalanwender ins Stadium 5 gerutscht. Die Wahrscheinlichkeit, sichtbar zu altern, habe bei den Dauersonnengeschützten um 25 Prozent niedriger gelegen, schreiben die Autoren. Das gleichzeitig getestete Antioxidans Beta-Carotin, bisher ebenfalls ein Hoffnungsträger in Sachen Faltenschutz, blieb dagegen ohne Effekt.

„Eine gute, eine gründliche Studie“, sagt Berthold Rzany und fasst das Ergebnis so zusammen: „Durch die regelmäßige Anwendung von Sonnenschutzmitteln lässt sich die durch Sonnenstrahlen verursachte Hautalterung aufhalten.“ Das ist alles andere als ein unerheblicher Effekt: Drei Viertel des Hautalterungsprozesses, sagt der Dermatologe Jean Krutmann, Direktor des Leibniz-Instituts für Umweltmedizinische Forschung in Düsseldorf, würden durch äußere Einflüsse getrieben: Lifestyle, Ernährung, Hormone (nach der Menopause nimmt die Faltenbildung zu) und Umwelteinflüsse. Sein Institut konnte jüngst sogar beweisen, dass das Leben an besonders feinstaubbelasteten Orten ebenfalls mit einem höheren Risiko für Falten und Flecken verbunden ist.

Zigaretten und Sonne schaden der Haut am meisten

Der mit Abstand wichtigste Faktor jedoch, so Krutmann, bleibe die Sonne. Laut den Studienautoren von der University of Queensland in Brisbane im Nordosten Australiens sind es bis zum Alter von 55 Jahren – lässt man den schädlichen Zigarettenrauch außer Acht – auch bei gesundheitsbewussteren Menschen insbesondere die UV-Strahlen der Sonne, die Falten- und Altersfleckenbildung vorantreiben. Später kommt vor allem das zum Tragen, was Krutmann das genetische Make-up nennt.

Gegen das ständige Strahlenbombardement der Sonne versucht sich die Haut verzweifelt zu wehren. Im Sommer versteckt sie sich hinter einer dicken Hornschicht, der sogenannten Lichtschwiele, packt die Zellkerne in dunkle Melanin-Pigmente und erzeugt so die angeblich gesunde Bräune. An den steigenden Hautkrebsraten und im Bereich der sogenannten Lichtterrassen – Gesicht, Handrücken, Dekolleté - lässt sich beobachtet, dass dieses Bemühen ohne die Unterstützung von Lichtschutzfaktoren oft vergeblich bleibt.

Die Haut schrumpft

Was einst zum Beispiel als sympathische Lachfältchen um die Augen herum begrüßt wurde, gilt manchem nach einigen Jahrzehnten UV-Beschuss nur noch als hässliche Krähenfüße. Der Grund sind die Schäden, die die UV-A-Strahlen vor allem in der tieferen Hautschicht, der Dermis, anrichten können. Ein dreidimensionales Netz aus elastischen und kollagenen Fasern verleiht dort, unter Zug verspannt wie ein Kletterseilgerüst auf dem Spielplatz, der Haut Straffheit, Volumen und Elastizität. Den Raum dazwischen füllen Wasser und Hyaluronsäure auf.

Sonnen- wie auch Solarienlicht aktivieren nun in der Dermis Enzyme, die an dem Netz knabbern und Stücke herausschneiden. Das Gleiche gilt auch für Zigarettenrauch. Weil die geschädigte Haut zudem weniger Nachschub an neuen Fasern bildet, kippt das gesunde Gleichgewicht von Ab- und Aufbau im Netz. Die Folge erklärt der Fotodermatologe Christoph Schempp von der universitären Hautklinik in Freiburg: „Das Netz lockert sich, schrumpft und fällt in sich zusammen.“ Damit gehe auch der Haut Straffheit, Volumen und Elastizität verloren, so der Leiter des Freiburger Kompetenzzentrums Skintegral.

Sonnenschutz hilft auch im Winter

Auch andernorts hinterlässt langjähriges Sonnenanbeten seine Spuren: Die oberste Hautschicht wird dicker und verhornt, die Adern reichlicher und sichtbarer, und die überbeanspruchten pigmentbildenden Melanozyten hinterlassen Farbspuren, die sogenannten Altersflecken.

„Konsequenter Sonnenschutz sollte deshalb täglich sein“, lautet Krutmanns Schlussfolgerung aus der Studie – „auch im Winter“. Einen Lichtschutzfaktor von 15 bis 20, den schon manche Tagescremes bieten, hält er dabei für „völlig ausreichend“. Mehr Schutz sei nur bei besonderen Belastungen nötig. „Ich bin aber auch dagegen, dass man die Sonne jetzt gleich ganz verteufelt“, sagt der Dermatologe Schempp. „Sie hat auch viele positive Einflüsse auf die Haut: Sie fördert die Bildung von Vitaminen und Glückshormonen wie körpereigene Opiate, sie regt die Durchblutung an und bremst ein überreagierendes Immunsystem.“ Und, nicht zu vergessen: vorübergehend macht sie sogar schöner.

Sonnenstrahlen und Haut

Licht
Das Sonnenlicht reicht zwar von Violett bis Rot, biologisch wirksam in der Haut sind aber vor allem die besonders energiereichen ultravioletten Strahlen. Diese UV-Strahlen unterteilen sich noch einmal in drei Gruppen: Das sehr kurzwellige UV-C-Licht bleibt in der Regel in der Ozonschicht hängen, UV-B-Licht dringt nur in die oberen Hautschichten, die Epidermis, vor, UV-A auch tiefer bis in die Dermis.

Haut
In der Haut regen UV-Strahlen sogenannte Melanozyten zur Bildung des Farbstoffs Melanin an, den sie an die Nachbarzellen weitergeben. Die verstecken wiederum ihre Zellkerne samt DNA im Schatten dieser Pigmente, und die Haut wird braun. Melanozyten sind nicht in jeder Hautregion gleich dicht vorhanden. Im Gesichtsbereich gibt es besonders viele, am Rumpf ist ihre Dichte nur halb so groß und Fußsohlen und Handflächen sind nur spärlich besetzt. Vor allem die energiereichen UV-B-Strahlen sind in der Lage, Erbgutschäden und damit Hautkrebs zu verursachen. Sie sind auch für Sonnenbrand verantwortlich. Mehr und mehr stellt sich aber heraus, dass auch UV-A-Strahlen über die Bildung von Sauerstoffradikalen die Tumorbildung begünstigen können.