Die Demenzinitiative West, in der sich auch die Freien Altenarbeit engagiert, will in einem so genannten Erste-Hilfe-Kurs Abhilfe schaffen. Der Kurs vermittelt Grundkenntnisse, die im alltäglichen Umgang mit Erkrankten von Nutzen sind.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-West - Jeden zweiten Tag kommt eine alte Dame in die Bank spaziert, um einer erkleckliche Menge Geld abzuheben. Der Angestellte merkt, dass etwas nicht stimmt. Doch, was soll er tun? Die Frau ist alt genug . . . Oder der Senior in der Wohnung nebenan, der vier mal die Woche die Kehrwoche macht: Soll man ihm sagen, dass er seine Arbeit längst erledigt hat? Alfred Schöffend von der Freien Altenarbeit könnte zahlreiche Situationen aufzählen, in denen man sich zum abweichenden Verhalten dementer Menschen verhalten muss. Doch wer selbst nie Berührung hatte mit der Krankheit des Vergessens, der reagiert auf Betroffene oftmals unsicher, falsch oder gar nicht.

 

Grundkenntnisse über Demenz

Die Demenzinitiative West, in der sich auch die Freien Altenarbeit engagiert, will in einem so genannten Erste-Hilfe-Kurs Abhilfe schaffen. Der Kurs, der für Herbst geplant ist, vermittelt zum einen Grundkenntnisse über die Demenzerkrankung – ihre Erscheinungsformen und Phasen. Zum anderen geht es um die Frage, wie man auf demente Leute zugeht, die Teilnehmer üben behutsames und geduldiges Verhalten, Hilfestellung anzubieten ohne bloß zu stellen und Dinge ausführlich zu erklären. Verschiedene Alltagssituationen werden durchgespielt, und die Teilnehmer können vortragen, mit welchen Problemen sie persönlich zuhause zu kämpfen haben. Der vergangene Erste-Hilfe-Kurs sei sehr gut besucht worden, sagt Schöffend: „Das Thema betrifft immer mehr Menschen.“

„Der alten Dame, die so oft Geld abhebt, könnte der Bankangestellte beispielsweise die Bankauszüge vorlegen und sie auf die Abhebungen hinweisen“, sagt Schöffend. Der Erste-Hilfe-Kurs richtet sich nicht nur, aber besonders an Menschen, die hinter der Theke stehen, Verkäufer, Apotheker, Bankangestellte, Wohnungsgesellschaften und andere, die bei der Arbeit manchmal mit dementen Menschen konfrontiert sind. „Wir versuchen, die Geschäftsleute zu sensibilisieren, damit sie ihren Angestellten den Kurs als Arbeitszeit anrechnen.“ Das Interesse sei groß, sagt Schöffend. Das hätten ihm die ehrenamtlichen Lotsen der Demenz-Initiative berichtet, die in den Stadtteilen in die Läden gehen und mit den Angestellten sprechen. Die Lotsen geben auch Tipps und klären auf.

Schambehaftete Erkrankung

Die Initiative, die vor sieben Jahren im Westen ins Leben gerufen wurde, hat sich im Bezirk gut vernetzt. Sie stellt die „Verwöhntage“ für Erkrankte und Pflegende auf die Beine, lädt zum Tanznachmittag und organisiert diesen Sommer einen Fachtag im Bürgerzentrum, der sich vor allem an pflegende Angehörige richtet. „Es wird aufgezeigt, was es für Unterstützungsmöglichkeiten im Westen gibt. Viele, die Angehörige pflegen, wissen das nämlich nicht“, sagt Schöffend. Auch Fragen zur Finanzierung, die sich mit dem neuen Pflegestärkungsgesetz verbessert aber auch verkompliziert hat, werden erörtert.

Schöffend beobachtet, dass das Thema Demenz in den vergangenen 15 Jahren allmählich aus der Tabu-Zone gerutscht ist. Schambehaftet sei es aber immer noch. Das schlage sich auf die Lebensqualität der Erkrankten nieder: „Sie treten den gesellschaftlichen Rückzug an, gehen nicht mehr ins Café oder zu ihren Vereinstreffen.“ Zu Konflikten führt häufig, dass es demenziell Erkrankten zunehmend schwer fällt, Verabredungen einzuhalten. Viele Menschen wissen nämlich nicht, dass Schwierigkeiten mit der räumlichen und zeitlichen Orientierung erste Anzeichen von Demenz sind.