Für gesunde Knochen sind Kalzium und Vitamin D wichtig, das ist unbestritten. Doch am Magnesium scheiden sich die Geister. Für wen sind Magnesium-Tabletten sinnvoll? Und sollte man sie zusammen mit Kalzium einnehmen?

Stuttgart - Kalzium ist in Kombination mit Vitamin D für die Knochengesundheit extrem wichtig. So viel ist klar. Aber Magnesium? „Die Rolle des Magnesiums wird unterschätzt“, sagt Klaus Kisters, Chefarzt an der Medizinischen Klinik der Universität Münster und derzeit Präsident der Gesellschaft für Magnesium-Forschung. „Es macht den Knochen hart.“ Magnesium sei wie ein Baustein in einer Wand zu sehen. Fehlt das Magnesium, wird laut Kisters die Wand instabil. Oder auf den Knochen übertragen: er wird spröde und bricht leichter.

 

Wenn von Osteoporose-Prophylaxe die Rede ist, stehen zumeist nur Vitamin D und Kalzium im Mittelpunkt: Vitamin D als jener Stoff, der die Kalziumaufnahme aus dem Darm ermöglicht, und Kalzium als der Mineralstoff, der die Knochendichte erhält. Laut Kisters kann jedoch auch ein Magnesiummangel eine Osteoporose begünstigen. Bestätigt sieht er seine Aussage durch neuere Untersuchungsergebnisse. So hat im vergangenen Jahr eine japanische Studie mit Ratten ergeben, dass bei einem Magnesiummangel die Funktion jener Enzyme beeinträchtigt ist, die das mit der Nahrung aufgenommene oder von der Haut gebildete Vitamin D in das biologisch aktive Vitamin D3 umwandeln.

Doch lassen sich diese im Fachblatt „Magnesium Research“ veröffentlichten Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen? Eine neuere Studie der Vanderbilt University und der Harvard Medical School legt genau dies nahe. Die US-Forscher analysierten die Daten von mehr als 12 000 Teilnehmern großer nationaler Ernährungserhebungen daraufhin, ob die tägliche Magnesiumaufnahme den Vitamin-D-Stoffwechsel beeinflusst. Das Ergebnis: Personen mit einer besonders hohen Zufuhr an Magnesium hatten ein deutlich geringeres Risiko für einen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel. In einem Kommentar hierzu heißt es, dass Magnesium gleich an mehreren Stellen notwendig wäre: bei der Vitamin-D-Bildung über die Haut und bei der durch Enzyme vermittelten Nutzung von Vitamin D aus der Nahrung. Fraglich ist aber, ob diese Beobachtungsstudie tatsächlich eine Kausalität nachweisen konnte, zumal der Vitamin-D-Stoffwechsel noch durch andere Faktoren beeinflusst wird.

Kritik an den bisherigen Studien

Rückenwind bekommt die „Magnesiummangel-Hypothese“ von Forschern der norwegischen Gesundheitsbehörden. Sie haben bei einer rund siebenjährigen Studie mit ungefähr 700 000 Männern und Frauen festgestellt, dass hohe Magnesiumkonzentrationen im Trinkwasser sowohl Frauen als auch Männer vor Hüftfrakturen schützen können. Die Ergebnisse wurden im medizinischen Fachblatt „Bone“ veröffentlicht. Norwegen hat weltweit die höchste Rate an Hüftfrakturen. Bei der Zahl der Hüftfrakturen und der Trinkwasserqualität gibt es abhängig von der Region in Norwegen relativ große Unterschiede. Die Forscher analysierten, ob es eine Korrelation zwischen der Anzahl an Hüftfrakturen in einer Region und der Menge an Kalzium und Magnesium im Trinkwasser gibt. Tatsächlich stellten sie einen Zusammenhang fest.

Ralf Schmidmaier, Leiter des Osteologischen Schwerpunktzentrums des Klinikums der Universität München, sieht diese drei Untersuchungen allerdings eher kritisch: „Es handelt sich um einzelne Studien, die noch nicht durch weitere Untersuchungen bestätigt sind“, sagt er. „Das heißt: wir kennen die Rolle von Magnesium im klinischen Knochenstoffwechsel auch weiterhin nicht.“ Es gibt nach Schmidmaiers Aussage keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege dafür, dass ein Magnesiummangel eine Osteoporose fördert. Deshalb lassen sich aus seiner Sicht derzeit auch keine Empfehlungen ableiten.

Sein Dresdner Kollege Lorenz Hofbauer sieht es etwas anders: „Magnesium ist ein Co-Faktor für die Aktivität verschiedener Enzyme, die Prozesse von der Vitamin-D-Synthese über die Kalziumaufnahme bis hin zum Knochenumsatz steuern, und ist deshalb für einen gesunden Knochen wichtig. Allerdings muss sicherlich ein substanzieller Magnesiummangel vorliegen, damit sich dies körperlich bemerkbar macht.“

Darf man Magnesium mit Kalzium zusammen einnehmen?

Es gibt viele Fragezeichen zu Magnesium, insbesondere zum Wechselspiel mit Kalzium. „Die Annahme, dass der Körper Kalzium aus dem Knochen löst, wenn der Magnesiumwert zu niedrig ist, oder Kalzium in die Knochen einlagert, wenn ausreichend Magnesium aufgenommen wird, ist nicht bewiesen“, sagt Schmidmaier. Und was ist mit der Aussage, dass Magnesium die Kalziumaufnahme im Darm hemmt, wenn Kalzium und Magnesium gleichzeitig eingenommen werden? „Das ist so nicht richtig, da die Aufnahme von Kalzium und Magnesium über zwei verschiedene Transportsysteme erfolgt“, sagt Kisters. Trotzdem rät er dazu, Magnesium- und Kalziumsupplemente zeitlich versetzt – und bei Magnesium auf mehrere Einzelgaben verteilt – einzunehmen.

Wie kann überhaupt ein Magnesiummangel entstehen? Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, bei denen der Körper zu viel Magnesium verliert oder nicht mit der Nahrung aufnehmen kann. Bei Nieren- und Herztransplantierten etwa kommt es bedingt durch die Immunsuppression zu einem Magnesiummangel. Und bei Menschen mit chronisch-entzündlichen Magen-Darm-Erkrankungen, bei Bluthochdruckpatienten, die mit Diuretika behandelt werden, sowie bei Diabetikern verliert der Körper Magnesium. Sie alle leiden vermehrt unter Osteoporose. „Es ist ganz wichtig, dass bei diesen Patienten Magnesium von außen zugeführt wird“, mahnt Kisters. „Magnesium ist nebenwirkungsfrei, und es besteht im Gegensatz zu Kalzium nicht das Risiko einer Überdosierung.“ Nur Patienten mit einer Niereninsuffizienz sollten nicht zusätzlich Magnesium einnehmen. Abführmittel, Alkohol in großen Mengen, aluminiumhaltige Antacida, Mangel- und Unterernährung sowie einige Antibiotika begünstigen ebenfalls einen Magnesiummangel. „Auch die Protonen-Pumpen-Inhibitoren, die bei Sodbrennen die Magensäureproduktion unterbinden, führen dazu, dass zu wenig Magnesium aufgenommen wird, weil hierfür Magensäure nötig ist“, warnt Hofbauer. „Das gilt übrigens auch für Kalzium.“

Die Versorgung mit Magnesium

Magnesiumlieferanten
Diese Lebensmittel enthalten viel Magnesium: Milch, Milchprodukte, Fleisch, Leber, Fisch, Gemüse (Spinat, Brokkoli, Erbsen, Bohnen), Obst und Vollkornprodukte (Roggenkeimflocken, Hirse, Vollkornteigwaren, Weizenkleie und Reis) sowie Schokolade, Nüsse und Sonnenblumenkerne. Der Tagesbedarf liegt beim Erwachsenen bei 300 bis 500 Milligramm.

Magnesiummangel
Zu den Symptomen des Mangels gehören rasche Ermüdbarkeit, Muskelkrämpfe (zum Beispiel Wadenkrämpfe und Lidzuckungen), Muskelverspannungen, innere Unruhe, Kopfschmerzen, Energielosigkeit, Verstopfung, Störungen des Herz-Kreislauf-Systems und Missempfindungen.

Magnesiumtabletten
Die Produkte unterscheiden sich in der Menge von Magnesium, die dem Körper aus den Tabletten verfügbar gemacht wird. Magnesiumaspartat und Magnesiumcitrat liefern mehr Magnesium als Magnesium-Carbonat-Präparate.