Bei der Insolvenz der Wolkenkratzer-Bauherren hält Fellbachs CDU-Fraktionschef Spieth „klammheimliche Freude“ der Kritiker für Fehl am Platz.

Fellbach - Was für Gegensätze: Einerseits ist es das Aufregerthema dieser und der kommenden Tage in Fellbach schlechthin. Und auf der anderen Seite herrscht totaler Stillstand, wie jeder aus der Ferne erkennen kann, der Fellbachs imposantestes Bauwerk in Augenschein nimmt. Nichts geht mehr beim „Aushängeschild der Region“, wie es in den mittlerweile angestaubten Werbebotschaften heißt. Trübe Perspektive im November-Nieselregen statt „bester Aussichten“ gen Remstal oder auf den Kappelberg. Die Verantwortlichen in Fellbach treibt die Sorge um, wie es nach der Insolvenz der Gewa 5 to 1-Gesellschaft weitergeht mit dem Wolkenkratzer im Osten der Stadt.

 

Stagnation statt Fortschritt am Super-Hochhaus. Allerdings sehen manche die Lage nicht ganz so pessimistisch wie andere. Für CDU-Faktionschef ‚Hans-Ulrich Spieth etwa steht fest: „Wir unterstützen nach wie vor das Projekt, so wie es geplant war.“ Die jüngste Entwicklung mit dem Baustopp und der möglichen Übernahme und Fortführung der Baustelle durch den Generalunternehmer kommentiert er so: „Mein Eindruck ist, dass ein Großer von einem noch Größerem geschluckt wird.“ Schließlich habe der Generalunternehmer Baresel von Anfang an Interesse gehabt. Ansonsten ist der CDU-Mann zuversichtlich, dass der Bau nicht scheitert. Es seien schließlich schon zu viele Investitionen getätigt und Wohnungen verkauft worden. Allenfalls könnte sein, dass „der Wohnturm umbenannt“ werde – also nicht mehr Gewa-Tower heißt.

Gewa-Tower wird der Wolkenkratzer wohl nicht mehr heißen

Im Übrigen könne er „nicht beurteilen, ob Herr Warbanoff sich verhoben hat“ oder was die eigentlichen Gründe sein könnten. „Vor ein paar Wochen war ich noch mit ihm im Turm, da war er sehr optimistisch, dass auch die oberen Wohnungen bald verkauft werden.“

Er denke, dass die erhoffte Schadensbegrenzung nun gelinge, „Baresel ist ein solides Großunternehmen“. An eine Ruine glaubt er nicht, „das ist ein attraktives Bauwerk“. Festgestellt hat Spieth auch, „dass manche sich klammheimlich freuen“, nämlich dass es jetzt vorerst nicht weitergehe. Das sei unpassend. Der Turm werde fertig gebaut, „und dann haben wir das Stadteingangsbauwerk, das wir wollten“.

Seit jeher zu den Kritikern des Mammutprojekts gehört der SPD-Regional- und Stadtrat Harald Raß. Er sieht auch die Fellbacher Stadtverwaltung, insbesondere den für Finanzen zuständigen Ersten Bürgermeister Günter Geyer, und die Gemeinderatsmehrheit im Fokus, die schließlich das merkwürdige Finanzierungskonzept zu prüfen gehabt und abgesegnet hätten. Gerade die SPD habe stets gewarnt, vor dem Hintergrund, dass Michael G. und Marc G. Warbanoff keine Bankenfinanzierung zustande bekommen hatten und die ursprünglich als Bedingung genannte europäische Großbank nicht an Land ziehen konnten. Warbanoff habe Fristen versäumt, damit hätte das Projekt eigentlich erledigt sein müssen – doch der Gemeinderat habe anders entschieden, die Fristen erneut verlängert.

Raß erinnert auch an die von seiner Fraktion geforderte namentliche Abstimmung im Gemeinderat – dadurch sei nachvollziehbar, wer wie abgestimmt habe. Damit sei die politische Verantwortung für alle sichtbar. Eine honorige Haltung wäre, „wenn diese Stadträte den Mumm hätten und sagen: das war ein Riesenfehler, ich stehe dazu und ziehe die Konsequenzen“.

Über den Winter herrscht dort wohl Ruhe

Aktuell sei nun zunächst der Insolvenzverwalter gefordert, auch gehe das Ganze jetzt automatisch an die Staatsanwaltschaft. Dass Baresel zum Zuge kommt, ist seiner Ansicht nach kein Automatismus. Etliche Monate Pause sind für Raß jedenfalls logisch: „Über den Winter ist dort Ruhe.“ Frühestens im Frühjahr erwartet er dort wieder Bauarbeiter.

Grünen-Fraktionschefin Agatha Ilmurzynska sagt, das Schlimmste für die Stadt sei eine Bauruine. Deshalb müsse die Baustelle zu Ende geführt werden. Ist sie optimistisch? „Optimismus ist das falsche Wort“, schließlich sei auch ihre Partei stets gegen das Projekt gewesen und habe die „Salamitaktik“ und stückchenweise Information auch durch die Verwaltung kritisiert. „Aber eine Bauruine mit 107 Metern Höhe ist ja keine Alternative.“