Der baden-württembergische Bezirksleiter der IG Metall, Roman Zitzelsberger, fordert die Funktionäre in den Betrieben und Verwaltungsstellen zu verstärkten Anstrengungen heraus. Ziel müsse eine höhere Tarifbindung und bessere Einbindung der Beschäftigung sein.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Böblingen - Ein selbstkritischer Rückblick hilft, Stärken für die Zukunft zu entwickeln. Nach dieser Devise ist der baden-württembergische Bezirkschef Roman Zitzelsberger bei der Bezirkskonferenz der IG Metall verfahren. Die „deutlich gestiegene Ungleichheit“ in der Gesellschaft ist auch „ein Zeugnis für die Unzulänglichkeiten gewerkschaftlichen Handelns“, sagte er in Böblingen. „Wir tragen Verantwortung, wenn wir es zulassen, dass die Reichweite von Tarifverträgen sinkt, wenn wir zusehen, wie Mitbestimmung unterlaufen wird und wenn wir es nicht schaffen, Belegschaften zu Mitstreitern zu machen.“

 

Manch ein Verantwortlicher in Politik und Wirtschaft habe es verlernt, hinter den Statistiken noch Lebenswirklichkeiten zu sehen. „Vielleicht gilt das auch für uns“, sagte der Bezirksleiter – so offen denken führende Gewerkschafter sonst nie über die eigene Rolle nach. Daraus leitet Zitzelsberger vier Kernziele ab, die auch Grundlage konkreter Verabredungen mit den 27 Verwaltungsstellen der IG Metall sein sollen. „Priorität muss für die kommenden Jahre sein: Wir stärken die Tarifbindung. Punkt. Aus!“, betonte er. Es müsse möglich sein, im Schnitt zwei weitere Betriebe pro Jahr und Geschäftsstelle in den Tarifvertrag zu zwingen. „Damit würden wir unseren Erfolg von 2016 fortsetzen.“ Seit der vorigen Lohnrunde seien mehr als 50 Betriebe erstmalig oder wieder tarifgebunden.

„Können die Menschen nicht begeistern“

Zweites Ziel ist der Ausbau der Demokratie in den Unternehmen. „Mitbestimmung gibt es nur mit Betriebsrat“, sagte Zitzelsberger. „Wo es keine Betriebsräte gibt, werden wir die Voraussetzungen dafür schaffen.“ Auch hier gibt er vor, jedes Jahr zwei neue Betriebsräte pro Verwaltungsstelle zu erkämpfen.

Drittens hält er eine „aktive Einbindung der Beschäftigung“ für nötig. Dazu müsse die Zahl der Vertrauensleute erhöht und deren Kompetenzen gestärkt werden. Zitzelsbergers viertes Kernziel ist es, die Handlungsfähigkeit der Organisation weiterzuentwickeln. „Ein sinkender Organisationsgrad ist auch Ausdruck dessen, dass wir Menschen offensichtlich nicht für die IG Metall begeistern können.“ Dazu zählt auch das neue Arbeitskampfkonzept, bei dem eine weitere Eskalationsstufe zwischen mehrstündigen Warnstreiks und dem unbefristeten Streik eingezogen wurde. Zur nächsten Tarifrunde könnte es im Winter einen ersten Praxistest erleben. Demnach sollen nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ bei Warnstreiks vertreten sein, sondern die IG Metall „in ihrer Breite“, sagt der Bezirkschef. Er wolle sich nicht damit abfinden, dass die Gewerkschaften angeblich die besten Zeiten hinter sich hätten. „Das ist nämlich grober Unfug.“