„Wie eine Schleppe“ - die Folgen der insgesamt neun Lokführerstreiks bei der Deutschen Bahn dürften aus Sicht des Managements noch länger auf dem Konzern lasten. Kehren alle Kunden rasch genug wieder zurück?

Berlin - Die Rekordserie von Lokführerstreiks kommt die Deutsche Bahn nach eigener Einschätzung teuer zu stehen. Finanzvorstand Richard Lutz befürchtet, dass die insgesamt neun Ausstände seit dem vergangenen Herbst den bundeseigenen Konzern finanziell massiv belasten. „Die Streiks der Lokführergewerkschaft GDL haben uns schon bisher weit mehr als 300 Millionen Euro gekostet“, sagte der Manager der „Welt“ (Samstag). „Was den Gewinn angeht, wird dieses Jahr eine echte Herausforderung für uns.“

 

Der Bahn drohe ein Abrutschen in die roten Zahlen. Nach dem Abzug von Zins-, Steuer- und Dividendenzahlungen sowie weiteren Posten blieben Lutz zufolge im vorigen Geschäftsjahr 288 Millionen Euro als Ergebnis übrig - die in diesem Jahr allein durch die Mehrkosten der GDL-Streiks bereits mehr als aufgezehrt würden. Geplante Investitionen könnten auch deshalb womöglich nur über die Aufnahme neuer Schulden finanziert werden.

Nach Lutz’ Darstellung dürfte es für das Unternehmen zudem schwierig werden, auch nach einer erfolgreichen Schlichtung mit der GDL viele abgesprungene Kunden rasch wieder vom Verkehrsmitteln Bahn zu überzeugen: „Nach einer solchen Reihe von Streiks steigen die Leute nicht einfach wieder wie vorher in die Züge. (...) Das ziehen wir wie eine Schleppe hinter uns her.“

Am Mittwoch hatte die Bahn nach fast einem Jahr Tarifverhandlungen einen Abschluss mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) erzielt. Er bringt den Beschäftigten unter anderem eine Einkommenserhöhung in zwei Stufen um 5,1 Prozent. Drohende Warnstreiks der EVG wurden damit angewendet. „Wir sind an die Grenze dessen gegangen, was unsere Geschäfte hergeben“, sagte Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber zu dem Tarifergebnis.

Mit der kleineren GDL, die mit zwei Warn- und sieben regulären Streiks Millionen Pendler und Zugreisende ausgebremst hatte, wurde nach langem Ringen ebenfalls am Mittwoch ein Schlichtungsverfahren vereinbart. Es wird von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sowie dem früheren brandenburgischen Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) geleitet und soll zunächst bis zum 17. Juni laufen. Über den Inhalt der Gespräche drang bisher nichts nach außen.