Der frühere Reporter Boris Kunert baut Safran in Sachsen an. Dort kann das kostbare Gewürz auf eine lange Tradition zurückblicken.

Dresden - Was ist kostbarer als Gold und macht den Kuchen gehl? Richtig: Safran! Wenig bekannt ist allerdings, dass das teuerste Gewürz der Welt bis ins 16. Jahrhundert auf sächsischen Feldern weit verbreitet war „In den Chroniken vieler Gemeinden wird das stets betont“, erzählt Boris Kunert. Der 46-Jährige lässt die alte Tradition im Freistaat neu aufleben. Im Städtchen Stolpen betreibt der landwirtschaftliche Quereinsteiger eine kleine Safranerie.

 

Momentan ist Erntezeit. Ein- bis zweimal täglich zupft Kunert per Hand sämtliche Blüten ab, die aus dem Boden schauen. Dabei sollten die violetten Blütenblätter möglichst noch geschlossen sein, um ihren kostbaren Inhalt vor Wind und Wetter zu schützen: drei dunkelrote Stempelfäden. Sie sind das eigentliche Gewürz. Kaum vorstellbar, dass die herb-bitter schmeckenden Fäden im Verkauf zum Teil höhere Preise erzielen als Gold. „Es gibt durchaus Anbieter, die mehr als 50 Euro pro Gramm verlangen. Aber natürlich gibt es auch deutlich günstigere Angebote“, sagt der Unternehmer, dessen Grammpreis, je nach der gewünschten Menge, zwischen 30 und 50 Euro liegt.

Als Redakteur des Fernsehsenders Euronews bereiste der ehemalige Journalist viele Jahre lang Frankreich. Dort wurde er erstmals auf die Krokuspflanze aufmerksam. „Mich hat der Safran von da an einfach fasziniert. Als ich herausfand, dass er unter anderem in Österreich und der Schweiz gedeiht, war ich überzeugt, dass das auch in Sachsen funktioniert“, sagt Kunert.

In Sachen Safran ist Kunert ein Autodiktat

Safran liebt die Sonne und leichte Böden, reagiert jedoch empfindlich auf Staunässe. Damit bietet das vergleichsweise trockene, kontinental geprägte Klima am Rande der Lausitz und der Sächsischen Schweiz gute Wachstumsbedingungen für die Pflanze – zumindest bessere als die meisten klassischen Anbaugebiete Europas, wie Kunert glaubt: „In Spanien ist es viel zu trocken, so dass die Felder ständig künstlich bewässert werden müssen. In der Toskana ist es hingegen im Frühsommer viel zu nass für die Knollen, weshalb sie dann extra aus dem Boden geholt werden.“ Die frostigen Winter im bergischen Stolpen fürchtet der Safranbauer nicht. „Auch in den großen Anbaugebieten im Iran oder Afghanistan gibt es regelmäßig Minusgrade“, sagt der Gewürzexperte.

Sein fachliches Wissen rund um den Safrananbau eignete sich Kunert selbst an. Seit 2010 experimentiert er mit verschiedenen Knollensorten aus der ganzen Welt. Als er sich damals mit Landwirten über sein ungewöhnlich anmutendes Vorhaben austauschte, wurde er stets milde belächelt. „Was willst du machen?“ oder „Das funktioniert nie!“ – so oder ähnlich lautete der allgemeine Tenor. Dennoch hielt der einstige Medienfachmann unbeirrt an seinem Plan fest. Vor zwei Jahren startete Kunert dann auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern den wirtschaftlichen Betrieb.

Ein Ertrag von bis zu 400 Gramm in diesem Jahr

Auf welche Sorten er dabei setzt, behält der gebürtige Berliner, der seit 20 Jahren in Sachsen lebt, für sich. In die Erde kommen die tischtennisballgroßen Knollen zwischen Juli und August. Beim Safrananbau erfolgt jeder Schritt in Handarbeit. Einmal im Erdreich versenkt, heißt es abwarten. Bereits zwei bis drei Monate nach dem Aussetzen, zumeist ab Mitte Oktober, ist mit der ersten Blütezeit zu rechnen, die bis Anfang Dezember anhält.

Rund 120 000 Knollen verbergen sich derzeit in dem unscheinbaren Stolpener Feld. Bei einem flüchtigen Blick sind die Safranpflanzen kaum von der umliegenden Wiese zu unterscheiden. Nur zahlreiche flache Erdwälle, die sich parallel über das Feld ziehen, verraten das Anbaugebiet. Für dieses Jahr rechnet Kunert mit einem Ertrag von 300 bis 400 Gramm.

Eine Mäuseplage dezimiert den Bestand

Obwohl sich die Knollen innerhalb eines Jahres um das Vier- bis Fünffache vermehren, ist in naher Zukunft nicht mit einer vergleichbaren Steigerung der Ernte zu rechnen. So dezimiert ein unersättlicher Nager kontinuierlich den Bestand. Kunert berichtet von einer regelrechten Mäuseplage, die in diesem Jahr etwa 30 Prozent der Knollen vernichtet hätte. Bisher hat er noch kein Erfolg versprechendes Mittel gegen die Plagegeister gefunden.

Nachdem Kunert die fragilen Fäden behutsam abgezupft und im heimischen Ofen getrocknet hat, verarbeitet er sie hauptsächlich zu anderen Produkten weiter. Sein Portfolio umfasst unter anderem Marmeladen, Öle und sogar ein Safranparfüm. Auf Märkten, Messen sowie im Internet vertreibt er seine Waren unter der Marke „Saxen-Safran“ ausschließlich selbst. Zu seinen festen Abnehmern zählen auch verschiedene Spitzenköche aus Sachsen. Kunert ist jedoch nicht der einzige Safranbauer Deutschlands. Im pfälzischen Venningen sowie im bayrischen Feuchtwangen gibt es zwei weitere Anbauer, mit denen er sich regelmäßig austauscht.