Seit dem vergangenen Jahr residiert die Verwaltungsspitze des IT-Dienstleisters GFT in einem umgebauten Gebäude im Stuttgarter Gewerbegebiet Fasanenhof. Nun war die offizielle Einweihung. Insgesamt neun weitere Unternehmen bevölkern den Campus.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Stuttgart - „Das ist hier wie bei einem guten Ratatouille“ – so hat Ulrich Dietz, der Chef des Stuttgarter IT-Dienstleiters GFT-Technologies vor rund dreihundert geladenen Gästen das Zusammenspiel der Komponenten beschrieben, welche das Firmengebäude im eher wenig ansehnlichen Gewerbegebiet Fasanenhof an der Stuttgarter Peripherie zu einem Unikat machen. Zu dem kulinarischen Vergleich inspirierte ihn auch die Tatsache, dass einer der Pfeiler des Konzepts auch ein öffentliches Restaurant ist.

 

Das aus einem etwa dreißig Jahre alten, unscheinbaren Büroklotz der Computerfirma Oracle umgebaute Gebäude beherbergt nämlich nicht nur die Zentrale des inzwischen mit weitaus den meisten Mitarbeitern im Ausland tätigen Unternehmens. Es bietet dazu noch ein Kundenlabor, einen Startup-Campus, Büroflächen für etablierte Firmen, eine Event-Arena und eben das genannte Restaurant namens SW34. Es dient inzwischen nicht nur den Mitarbeitern von GFT und den Beschäftigten der umliegenden Betriebe mittags als Edel-Kantine, sondern hat nun auch den ersten Abend in der Woche geöffnet. Nur noch großformatige Poster, die zwischen den umgebauten Büros hängen, erinnern mit ihren Fotomotiven daran, wie es vor dem Umbau hier aussah.

Ein Komplex an einem Unort, der dennoch viele Vorteile hat

Auf den an Externe vergebenen beiden Bürostockwerken sind mit Ausnahme von drei Büros in der zweiten Etage alle Plätze besetzt. Insgesamt gibt es 22 Büros auf den 1200 Quadratmetern. Zu den Mitbewohnern gehören nicht nur die vier Startups Refine Projects (Lean-Management-Berater), Parkpocket (innovative Parkrauminformationen), Code2Order (smartphonebasierte Bestellsysteme für Hotels und Gaststätten), Blickshift (Blickanalyse), sondern auch eine Innovationsabteilung der Daimler Lastwagensparte. Etablierte Firmen wie die Ulmer Sicherheitsfirma Code White, die Berater Bernd Bohr und Primus Ventures sowie die Startups Mobiconnected und StarLend, die sich mit der Evaluierung neuer Geschäftsmodelle im Bereich Mobilität und Finanzdienstleistungen beschäftigen, sind in der so genannten „Executive-Etage“ vertreten. Auch sie nutzen die sich durch das Zusammenspiel der verschiedenen Nutzer ergebenden Kontaktmöglichkeiten.

Der Komplex stehe ganz bewusst eher an einem „Unort“ und in einem Gewerbegebiet, das nicht auf dem Höhepunkt seiner Vitalität gewesen sei, sagte Dietz mit einem eichten Seitenhieb auf die zur Eröffnung anwesenden Gäste der Stadt Stuttgart. Doch dies habe man als Herausforderung ganz bewusst angenommen, sagte er, zumal der Ort andere Vorteile, etwa eine gute Verkehrsanbindung biete. Gleich drei Architekten und Künstler durften mitgestalten. Kai Bierich von Wulf Architekten, sowie die Gestalter Tobias Rehberger und Clemens Weisshaar. Man habe angesichts des Umfelds gezielt ein eher nach innen gekehrtes Gebäude gestaltet, das mit seinem Innenhof eine Oase biete, sagte Kai Bierich. Ganz wider die Architektengewohnheit hätten alle gut zusammengearbeitet und sich zum Team gefügt, sagte Dietz ironisch. Herausgekommen sei „ein Schuss London und Barcelona kombiniert mit schwäbischem Gefühl für Qualität“.

Die GFT will auch einen sozialen Mittelpunkt etablieren

Genau genommen ist die nach einem vierjährigen, von immer neuen Ideen geprägten Planungsprozess nun abgehaltene Eröffnungsfeier weder Beginn noch Ende, sondern nur eine Etappe. Denn es gibt bereits weitere Pläne. „Wir denken darüber nach, unser Konzept in Stuttgart, aber auch an ausländischen Standorten weiter auszudehnen“, sagte Dietz am Rande der Eröffnungsfeier. Details sind noch geheim – und auch der Plan, weitere technologische Highlights am GFT-Campus zu verankern und um internationale Startups zu werben, ist noch nicht öffentlichkeitsreif. Doch Stillstand ist für den GFT-Chef undenkbar, der schon mit der Ausweitung des Firmenhauptquartiers zu einem Startup-Campus über die ursprünglichen Pläne weit hinausging. „Unsere Idee, dass wir für unterschiedliche Menschen; für große und kleine Firmen eine neue, sehr spannende Heimat schaffen wollten, hat sich schrittweise gefestigt, „ sagte Dietz. Dass den rastlose Antreiber Dietz dabei auch Widerstände nicht schrecken, deutete er in einem ironischen Bonmot am Ende seiner Rede an: „Es ist gut, dass wir so viele Frauen im Vorstand haben, die sorgen wieder für Harmonie, wenn die Herren aufeinandergeprallt sind.“

Kreativität zeigte auch das Veranstaltungsprogramm, in dem es nicht nur um zum GFT-Geschäftsfeld passende Fragen wie die Nutzung von Cybergeld oder die Sicherheit im Netz ging. Eine Kunstführung durch das Gebäude, ein Vortrag über den Dirigenten Herbert von Karajan und über das Thema „Wie ich als Unternehmer von Kunst lerne“, repräsentierten den Anspruch, dass das neue Hauptquartier nicht nur ein pragmatisches Verwaltungszentrum, sondern ein sozialer Treffpunkt sein soll. Wie weit der Kooperationsgedankte geht, zeigt auch die Tatsache, dass Dietz mit einer benachbarten Behindertenwerkstatt Kontakt aufgenommen hat, welche aus alten Obstkisten die bunten, kreativen Figuren fertigten, die den Gästen als Abschiedsgeschenk ausgehändigt wurden. „Ich finde, dass man auch solche Menschen mit einbeziehen muss“, sagte Dietz. Das Gebäude am Schelmenwasen 34 mag architektonisch introvertiert gestaltet sein, das Konzept dahinter ist es nicht.