Es ist wohl einer der größten Kunstfälscherprozesse der vergangenen Jahre, der am Mittwoch in Stuttgart beginnt. Angeklagt ist ein Mann, der mehr als tausend Skulpturen im Stil des Künstlers Alberto Giacometti – der teuerste Bildhauer der Welt – nachempfunden und sie dann als Originale verkauft haben soll.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Am Stuttgarter Landgericht in Stuttgart beginnt an diesem Mittwoch einer der größten Kunstfälscher-Prozesse der vergangenen Jahre in Deutschland. Verantworten muss sich Robert D. (56), der von 2003 bis 2009 mehr als tausend Skulpturen dem Stil des Künstlers Alberto Giacometti nachempfunden haben soll. Einige davon soll er laut der Staatsanwaltschaft gemeinsam mit Komplizen auf dem Kunstmarkt als echte Werke Giacomettis (1901–1966) an den Mann gebracht haben. Die Bande soll versucht haben, für die Plagiate des teuersten Bildhauers der Welt einen Preis von insgesamt etwa 50 Millionen Euro zu erzielen.

 

Tatsächlich sei schließlich ein Schaden von etwa acht Millionen Euro entstanden, so die Staatsanwaltschaft. Im Prozess geht es jedoch nur um eine Gesamtschadenhöhe von 4,8 Millionen Euro, weil frühere Fälle verjährt sind. Unter den Geschädigten ist auch ein Kunstsammler aus Stuttgart, der für 13 Plastiken 2,2 Millionen Euro gezahlt haben soll.

Mehrere Komplizen sind bereits verurteilt

Mehrere Mittäter sind in dem Kunstfälscher-Fall bereits verurteilt worden. Ebenfalls am Stuttgarter Landgericht erhielten zwei Haupttäter – ein Kunsthändler aus Mainz und ein ehemaliger DDR-Lokführer, der sich als „Reichsgraf“ ausgab – 2011 in einem Prozess Gefängnisstrafen von sieben Jahren und vier Monaten sowie neun Jahren. Der Kunsthändler hatte den Betrug eingeräumt. Der „Reichsgraf“ bestand aber bis zuletzt darauf, dass die Skulpturen echt seien. Die Frau des Kunsthändlers sowie zwei Komplizen, darunter ein Böblinger Gebrauchtwagenhändler, kamen wegen Geständnissen mit Haftstrafen auf Bewährung davon. Ein weiterer Fall wird derzeit am Münchner Landgericht verhandelt: Die Angeklagten sollen 2008 versucht haben, eine gefälschte Giacometti-Skulptur des mutmaßlichen Kunstfälschers für 350 000 Euro zu verkaufen.

Die ersten 13 Skulpturen waren vor einigen Jahren in einem Lager im Böblinger Gewerbegebiet Hulb entdeckt worden. Später stießen die Ermittler auf ein Lager in Mainz, in dem mehr als tausend weitere Plagiate waren. Sogar die Signaturen und die Stempel der Gießereien waren nachgemacht.

Der nun in Stuttgart vor Gericht stehende Robert D. war jahrelang untergetaucht. Zwar wussten die Ermittler, dass sich der 56 Jahre alte Niederländer in Thailand aufhielt. Es gibt aber kein Auslieferungsabkommen mit dem asiatischen Land. Das Magazin „Der Spiegel“ stöberte ihn vor zwei Jahren auf. Freimütig sagte er, dass er nicht 1000, sondern mehr als 1300 Skulpturen gemacht habe. Mitgefühl mit den Geschädigten zeigte er nicht. Im Gegenteil: „Wer glaubt, für 20 000 Euro einen echten Giacometti kaufen zu können, verdient es, hinters Licht geführt zu werden“, sagte er.

Angeklagter lebte jahrelang in Thailand

Robert D. klagte aber auch, dass er „im Paradies gefangen“ sei. Die Ermittler gehen davon aus, dass er etwa drei Millionen Euro für seine Fälschungen bekommen hat. Er selbst spricht von einem Bruchteil der Summe. Mit einer Thailänderin verheiratet, führte Robert D. ein Strandcafé. Im vergangenen Sommer reiste er in die Niederlande. Am Flughafen wurde er festgenommen. Drei Monate lang saß er in Auslieferungshaft. Seit Herbst wartet er in Stammheim auf seinen Prozess. Wie zu hören ist, sieht er sich als Künstler.