Ein deutscher Kommissar an der portugiesischen Algarve? Das muss ja schief gehen und tut es auch fast – in Gil Ribeiros „Lost in Fuseta“.

Nachrichtenzentrale : Lukas Jenkner (loj)

Stuttgart - Seit Stieg Larsson in seiner Millenium-Trilogie die hochbegabte Lisbeth Sallander, die mit dem so genannten Asperger Syndrom leben muss, eingeführt hat, sind Figuren mit dieser milden Variante des Autismus durchaus beliebt bei Autoren. Aus gutem Grund: Menschen mit „Asperger“ weisen häufig Inselbegabungen auf, sie sind in einzelnen Disziplinen wie zum Beispiel Mathematik oder auch in Gedächtnisleistungen spitze. Dafür haben sie häufig Defizite im zwischenmenschlichen Bereich. Sie können zum Beispiel Gestik und Mimik bei anderen Menschen nicht richtig interpretieren. Diese Mischung aus Hochbegabung und Wunderlichkeit bietet natürlich jede Menge Stoff für allerlei skurrile Momente.

 

Leander Lost, Kriminalkommissar aus Hamburg, ist ein solcher „Asperger“. Das wird in „Lost in Fuseta“, dem ersten Portugalkrimi von Gil Ribeiro alias Holger Karsten Schmidt, zwar nicht sofort erklärt, aber dem kundigen Leser sind die Symptome so vertraut, dass er den Kommissar schnell richtig einordnet. Lost hat in drei Wochen Portugiesisch gelernt, versteht aber keine Witze. Er starrt die Menschen um ihn herum seltsam an – und er ist außerstande zu lügen.

An die portugiesische Algarve hat Lost ein Austauschprogramm der Polizeibehörde Europol verschlagen. Für ein Jahr soll er mit seinen Kollegen Gracaino Rosado und Carlos Esteves zusammenarbeiten. Doch das gestaltet sich schwierig, denn Lost ist eben nicht nur problematisch im persönlichen Umgang, sondern analysiert überdies Gefahrensituationen so kühl, dass die körperliche Unversehrtheit seiner Kollegen akut gefährdet ist.

Flott und mit lakonischem Humor geschrieben

Trotzdem rauft sich das ungleiche Trio zusammen, ermittelt im Todesfall eines deutschstämmigen und schmierigen Privatdetektivs und deckt die schmutzigen Geschäfte eines Unternehmens auf, das die Wasserversorgung an der Algarve übernommen hat. Das schildert Ribeiro angenehm flott und mit einigem lakonischen Humor. Schreiberische Ausflüge in die portugiesische Mentalität (melancholisch), die dortige Küche (vielfältig) und das Alltagsleben auf der Dorfgasse (familiär) gehören zu einem runden Urlaubskrimi dazu und haben nur phasenweise Reiseführercharme.

Einzig das Schicksal eines durch eine Gewalttat zur Waisen gewordenen Teenagers ist etwas zu rührselig geraten – ebenso wie die obligatorische Liebesgeschichte. Aber wer Portugal mag oder dort demnächst urlaubt, kann sich „Lost in Fuseta“ gerne in den Koffer stecken.

Gil Ribeiro: Lost in Fuseta. Ein Portugal-Krimi. Kiepenheuer&Witsch Köln 2017. Paperback, 400 Seiten. 14,99 Euro, auch als E-Book, 12,99 Euro.