Wenige Stunden nach dem TV-Duell mit Angela Merkel zieht es Martin Schulz in ein bayerisches Bierzelt. Auf dem Gillamoos Volksfest kehrt der SPD-Kanzlerkandidat zurück zum normalen Wahlkampf.

Abensberg - Auf die Stadtkapelle Berching kann Martin Schulz schon mal bauen. „Wir fangen an mit unserem Fest-Jubel-Marsch“, ruft der Dirigent, als der SPD-Kanzlerkandidat am Montagmorgen ins SPD-Festzelt auf dem Gillamoos-Volksfest im niederbayerischen Abensberg einzieht. Und tatsächlich, als Schulz auf eine Bierbank steigt und in die Menge winkt, brandet erstmals ein wenig Jubel auf.

 

Rund zwölf Stunden nach seinem TV-Duell mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Schulz die schicke Atmosphäre des Fernsehstudios in Berlin-Adlershof gegen das stickige Bierzelt in Abensberg eingetauscht. In benachbarten Zelten reden zeitgleich die Spitzenkandidaten von FDP und Grünen, Christian Lindner und Cem Özdemir, sowie der CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg.

Zurück zum normalen Wettkampf

Schulz, so scheint es, ist froh darüber, nach dem starren Korsett des TV-Duells wieder „normalen“ Wahlkampf machen zu dürfen - und vor allem: mit seinen zentralen Themen. Und so schaltet er in seiner knapp einstündigen Rede voll auf Angriff. „Was gestern klar geworden ist: Es gibt jemanden, der will die Vergangenheit verwalten, der heißt Angela Merkel. Und es gibt jemanden, der will die Zukunft gestalten, und der heißt Martin Schulz.“ Die SPD stehe für Aufbruch.

Und dann greift er all die Themen auf, die im TV-Duell zu kurz gekommen sind: Bildung, Gerechtigkeit, Arbeitsmarkt, Wohnungspolitik. „Ich weigere mich, mich darauf auszuruhen, dass die Bundesrepublik Deutschland ein blühendes Land ist“, betont er. Deutschland sei ein reiches Land, aber es seien „nicht alle Menschen in diesem Land reich“. Schulz kündigt unter anderem an, er werde als Kanzler in den ersten 100 Tagen dafür sorgen, dass alles unternommen werde, die ungleiche Bezahlung zwischen Männern und Frauen zu beenden. „Die Leute wissen schon, wer für Gerechtigkeit im Lande sorgt“, ruft er.

Schulz Chancen scheinen zu sinken

Die SPD-Anhänger im Zelt jubeln „ihrem“ Martin zu - wie schon beim Aschermittwochsauftritt des Kanzlerkandidaten im niederbayerischen Vilshofen Anfang März. Wenigstens im vorderen Bereich des Zeltes wehen auch viele SPD-Fahnen - weiter hinten, sozusagen beim „normalen“ Gillamoos-Publikum, sieht es mit Fahnen und Stimmung schon wieder mauer aus. Tatsächlich scheinen Schulz’ Chancen auf Merkels Erbe inzwischen relativ gering: Lag die SPD vor einem halben Jahr, zum Aschermittwoch, in Umfragen noch ungefähr gleichauf mit der Union, betrug der Abstand zuletzt plus/minus 15 Prozentpunkte.

Doch Schulz kämpft. 2013, bei seiner Premiere auf dem Gillamoos, war er noch der Ersatzmann gewesen. Da war er für den damaligen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück eingesprungen, der seinen Auftritt kurzfristig abgesagt hatte. Heute aber steht Schulz im Blickpunkt. Er soll es richten. „Er ist der bessere Kanzler, dafür lasst uns kämpfen“, ruft der bayerische SPD-Spitzenkandidat Florian Pronold.

Und auch die Kapelle müht sich ab und verabschiedet Schulz nachher tatsächlich mit dem Stück „Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt“. Vorher aber muss Schulz versprechen, nächstes Jahr wiederzukommen - wenn er denn zum Kanzler gewählt wird.