Erstmals seit fast drei Monaten treffen sich die Präsidenten der Ukraine und Russlands zum persönlichen Gespräch und geben sich vor Kameras die Hand. Beide fordern Frieden. Doch im Donbass regiert die Gewalt.

Minsk - Bei ihrem ersten Vier-Augen-Gespräch seit Anfang Juni haben Kremlchef Wladimir Putin und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko über Wege zum Frieden in der Krisenregion Donezk beraten. Putin drängte erneut auf eine Feuerpause zwischen ukrainischem Militär und prorussischen Separatisten. Poroschenko sagte, alle Seiten hätten bei dem Treffen in der weißrussischen Hauptstadt seinen Friedensplan unterstützt. Die prowestliche Führung in Kiew wolle so schnell wie möglich eine Waffenruhe im Kriegsgebiet vorbereiten.

 

„Es gibt noch sehr viele offene Fragen zwischen uns. An einer Lösung sind wir, die Ukraine und unsere europäischen Partner interessiert“, sagte Putin in der Nacht zum Mittwoch. Eine Waffenruhe in der Konfliktregion könne Russland aber nicht beschließen. Ansprechpartner für Kiew seien die Aufständischen, Moskau könne Vertrauen schaffen. Zugleich musste Putin einräumen, dass sich eigene Soldaten im krisengeschüttelten Nachbarland aufhielten.

Beide Staatschefs vereinbarten weitere Gespräche, etwa über ihren massiven Gasstreit. Die Energieminister beider Länder würden am 6. September mit EU-Energiekommissar Günther Oettinger über die Milliardenschulden der Ukraine bei Russland sprechen, sagte Putin. Moskau hatte Kiew wegen unbezahlter Rechnungen im Juni das Gas abgedreht. Die Ukraine ist das wichtigste Transitland für russische Gaslieferungen Richtung Westeuropa.

Poroschenko: Putin unterstützt meinen Friedensplan

Zu Beginn des Treffens in Minsk gaben sich Putin und Poroschenko vor Kameras öffentlich die Hand. „In Minsk entscheidet sich das Schicksal der Welt und Europas“, sagte Poroschenko. Das Vier-Augen-Gespräch dauerte etwa zwei Stunden.

Poroschenko zufolge planen die Ukraine und Russland Beratungen von Grenzschutz und Generalstab zur Beruhigung der Lage in der Ostukraine. Putin habe deutlich gemacht, dass er Poroschenkos Friedensplan unterstütze, sagte der ukrainische Staatschef.

Die Kontaktgruppe für die Ukraine-Krise soll dem weißrussischen Präsidenten und Gastgeber Alexander Lukaschenko zufolge nun regelmäßig in Minsk tagen. Das erste Treffen könnte schon an diesem Mittwoch stattfinden. Das Gremium ist ein Gesprächsforum zwischen der ukrainischen Regierung und den Aufständischen unter Vermittlung Russlands und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Die Gruppe hatte sich schon mehrfach getroffen.

In der Ostukraine gehen die Kämpfe weiter

Während der Minsker Verhandlungen beschloss die prowestliche Regierung der Ukraine, binnen 48 Stunden neues Kriegsgerät für die sogenannte Anti-Terror-Operation ins Krisengebiet zu schicken.

Die Führung in Kiew und die Aufständischen berichteten zugleich von heftigen Gefechten. Innerhalb von 24 Stunden seien fast 250 militante Kämpfer getötet worden, teilte der ukrainische Sicherheitsrat mit. Den Separatisten zufolge wurden zudem mehr als 80 Soldaten getötet oder verletzt und mehr als 40 gefangen genommen, wie russische Agenturen berichteten. Nach Angaben des Sicherheitsrats in Kiew wurden zudem vier Grenzschützer getötet. Bei einem Beschuss der Großstadt Donezk kamen nach Angaben des Stadtrats zudem drei Zivilisten ums Leben.

Ukraine nimmt russische Soldaten gefangen

Große Aufregung lösten in Kiew Berichte über zehn russische Fallschirmjäger aus, die am Rande der Kampfzone in der Region Donezk gefangen genommen worden waren. Die Ukraine wirft Russland vor, die Separatisten mit eigenem Militärpersonal zu unterstützen. Putin bestätigte in Minsk, dass Soldaten bei einer Patrouille auf ukrainisches Gebiet gelangt seien. Er sagte, er hoffe, dass es deswegen keine Probleme geben werde.

Putin wies Kritik zurück, nach einem umstrittenen ersten Hilfskonvoi schicke Russland auch eine zweite Lastwagenkolonne eigenmächtig in das krisengeschüttelte Nachbarland. „Wir haben über die Notwendigkeit der Hilfe für Donezk und Lugansk gesprochen und vereinbart, wie wir zusammenarbeiten werden“, sagte Putin.