Eine Woche lang hat sich eine Delegation des Esslinger Kreistags ein Bild von Israel gemacht. Im Focus stand die Entwicklung der beiden Partnerstädte Givatayim und Rama.

Esslingen/Givatayim - Israel, das Land am Schnittpunkt dreier Kontinente und dreier Weltreligionen, hat viele Gesichter. Eine Woche reicht lange nicht aus, um sich ein Bild von der Schönheit und dem Zauber, aber auch von der Zerrissenheit des Landes zu machen. Eines Landes, in dem sich wie in einem Brennglas alle religiösen und politischen Widersprüche der Gegenwart bündeln. Eines Landes aber auch, dessen Geschichte den Blick zwangsläufig auf die unheilvolle deutsche Vergangenheit lenkt.

 

Eine Delegation des Esslinger Kreistags hat jetzt versucht, den roten Faden zu finden, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einer Partnerschaft verknüpft, die im Jahr 1983 mit der israelischen Stadt Givatayim besiegelt worden war. Und die Kommunalpolitiker haben, angeführt vom Esslinger Landrat Heinz Eininger, den Schulterschluss mit der arabischen Patengemeinde Rama gefestigt, die seit der Jahrtausendwende Partner im Dreierbund ist.

Solaranlage eingeweiht

Die Einweihung einer mit Mitteln der Kurt-Ehmann-Stiftung finanzierten Solaranlage für die Agricultural Technical Highschool der 8000 Einwohner zählenden Gemeinde war der Höhepunkt einer an widersprüchlichen Eindrücken reichen Reise.

Das Programm war dicht gestrickt: Haifa, Besuch der Partnerschule in Rama, Diskussion mit einem Offizier der israelischen Armee auf den Golanhöhen, Einschätzungen der Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ramallah zum Ringen von Israeli und Arabern um eine Lösung im Streit um einen Palästinenser-Staat, Kranzniederlegung in der Holocaust-Gedenkstätte von Yad Vashem, Führung durch die Altstadt Jerusalems mit Klagemauer und Grabeskirche, Diskussion in der deutschen Botschaft in Tel Aviv zu innen- und außenpolitischen Perspektiven des Friedensprozesses im Nahen Osten und abschließend mehrere Informations-und Diskussionsrunden mit dem Bürgermeister von Givatayim, Ran Kunik, und der Verwaltungsspitze der vor den Toren von Tel Aviv gelegenen Partnerstadt.

Den dringend notwendigen Kompass in einer undurchschaubaren Gemengelage an Problemen und Perspektiven hat ein junges israelisches Mädchen gegeben. Adi Ben Pili, eine ehemalige Schülerin des ORT-Technicums von Givatayim, hat der Esslinger Delegation erzählt, dass sie dank des Kontakts zwischen den Schulen von Givatayim und Rama nun seit zwei Jahren auch eine Freundin im arabischen Teil des Landes habe. Hätte es die auf Esslinger Initiative hin geknüpften Dreiecksbande nicht gegeben, wäre die 18-Jährige wohl nie mit ihrer Altersgenossin in dem zweieinhalb Autostunde entfernt in Galiläa liegenden Rama in Kontakt gekommen.

Mehr Fragen als Antworten

„Wir gehen mit mehr Fragen nach Hause als wir gekommen sind. Aber die positive Haltung der jungen Menschen macht Hoffnung“, bilanzierte die CDU-Kreisrätin Ursula Merkle den Besuch. Sie wolle künftig vor allem auf Kunst und Sport setzen, um die Menschen zusammenzubringen. Überrascht habe sie, dass sie in allen Begegnungen in Israel keine negativen Signale angesichts der belasteten Vergangenheit der beiden Staaten wahrgenommen habe.

Auch Sonja Spohn, die SPD-Fraktionschefin im Esslinger Kreistag, hat die Geschichte von Adi Ben Pili zum Anlass genommen, um auf den hohen Stellenwert der persönlichen Begegnungen hinzuweisen. „Die Kontakte zwischen den Jugendlichen im Kreis Esslingen, in Givatayim und in Rama herzustellen und zu intensivieren, das ist der Schlüssel für die Zukunft unserer Partnerschaft“, sagte sie.

Dass dabei auch nach wie vor ein gewisser Spagat erforderlich sein wird, das machte Bernhard Richter für die Freien Wähler deutlich. „Givatayim bewegt sich wirtschaftlich auf Augenhöhe, da braucht es keine Entwicklungshilfe. In Rama dagegen helfen die Impulse aus Esslingen, vor allem, wenn es darum geht, die Bildung voranzubringen“, sagte er in Anspielung auf die Einweihung der Solaranlage und auf die vorausgegangene Spende von CNC-Anlagen für die Schulwerkstatt. Jetzt müsse von denen, die sich vor Ort ein Bild gemacht hätten, in den Esslinger Kreistag hineingetragen werden, was die Partnerschaft leiste.

Partnerschaft mit lösungsorientiertem Ansatz

„Wir sind hier nicht mit einem ideologischen Anspruch unterwegs, sondern wir sind angetreten, um an Lösungen zu arbeiten“, fasste Heinz Eininger zusammen. Bei den Partnern in Israel habe man sich sehr willkommen gefühlt. In Anspielung auf die sechs Millionen Juden, die von dem faschistischem Regime vor und während des Zweiten Weltkriegs ermordet worden waren, appellierte der Kreischef an die besondere Verantwortung Deutschlands. „Dieser Verantwortung müssen wir uns stellen – mit Blick auf die Vergangenheit, aber viel mehr noch mit Blick auf unserer Kinder. Ihnen müssen wir weitergeben, dass so etwas nie wieder passiert darf.“