Man kann Kernkraftwerke so verkleinern, dass sie in eine Garage passen. Ob das auch mit dem Widerstand gegen AKWs gelingt, ist fraglich.

Stuttgart - Im Dezember 2006 meldete der Branchendienst "Next Energy News", die japanische Firma Toshiba habe ein Atomkraftwerk entwickelt, das 100-mal kleiner als eine herkömmliche Anlage sei. Der sechs Meter lange und zwei Meter tiefe "Rapid-L"-Reaktor kann in einem Gebäude von der Größe einer Garage untergebracht werden und soll der Energieversorgung von Wohnblocks dienen. Der Reaktor mit einer Leistung von 200 Kilowatt ist selbstverständlich, wie stets bei Atomanlagen, "störungssicher konstruiert, läuft vollautomatisch und kann sich nicht überhitzen".

 

Kann also gar nichts passieren, zumal man im erdbebenbedrohten Japan besondere Sorgfalt bei der Entwicklung solcher technischen Anlagen walten lässt. Anfang 2010 signalisierte die amerikanische Firma Terra-Power, ein Energieunternehmen, das Bill Gates gehört, man wolle mit Toshiba zusammenarbeiten. Die Zeitung "Nikkei" hatte zuvor berichtet, die Unternehmen wollten gemeinsam einen handlichen Atomreaktor bauen, "der hundert Jahre lang CO2-freie Energie liefert, ohne neues Brennmaterial zu benötigen".

Machospielzeug für Multimillionäre

In den USA, wo man neben der Sowjetunion über die meiste Erfahrung im Bau von Reaktoren aller Größen besitzt, sind seit 35 Jahren keine neuen zivilen Atomkraftwerke mehr gebaut worden. Neben der Sorge der Bürger ist einer der Hauptgründe das nach wie vor ungelöste Problem der Entsorgung radioaktiver Abfälle. Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl hat manchen zu der Einsicht geführt, dass es ungefährlichere Wege geben muss, große Mengen heißes Wasser herzustellen. Die Toshiba-Entwickler versuchen der Stagnation der Atomindustrie mit einer Strategie entgegenzutreten, die dem Militär entlehnt ist - moderne Kriege gewinnen keine großen Heere mehr, sondern kleine Einheiten.

Ein kleines Atomkraftwerk als dezentrale Energiequelle verkleinert scheinbar auch das Gefahrenpotenzial einer großen Atomanlage und bringt es auf das Level von Machospielzeug für Multimillionäre. "Ich kenne eine Menge Leute im Silicon Valley", so der Technologieexperte Peter Glaskowsky, "die sich so was sofort in ihr Haus einbauen lassen würden." Der Haken: ein solcher Kleinreaktor produziert nicht nur 200 Kilowatt Strom, sondern darüber hinaus noch fünf Megawatt Abwärme. Glaskowsky sieht reiche Männer im Vorteil, die, weil sie gern angeln, über einen Herrensitz in Idaho verfügen - "man muss dann bloß einen Teil der Fischgewässer als Kühlwasser für den Reaktor umleiten, schon braucht man seinen großen Plasmafernseher nie wieder auszuschalten. Auch die Fische werden sich in dem warmen Wasser wohler fühlen."

Der Vorrat an Brennstoff ist jedoch begrenzt. Zehn Staaten verfügen über 96 Prozent der weltweiten Uranreserven. Der jährliche Bedarf liegt bei etwa 65.000 Tonnen. Die Reserven liegen bei etwa 3,5 Millionen Tonnen. Sie reichen noch circa 50 Jahre.

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