Die technisch geprägte Uni Stuttgart ist stolz darauf, dass sie ihren Professorinnenanteil auf 15 Prozent steigern konnte. Doch der Anteil der Studentinnen stagniert fast bei knapp 33 Prozent.

Stuttgart - Wie erfolgreich ist die Uni Stuttgart in Sachen Gleichstellung? Darauf gibt deren Gleichstellungsbeauftragte Gabriele Hardtmann unterschiedliche Antworten. Eine Messlatte ist der Anteil der Professorinnen. Das jüngste Ziel, diesen auf 15 Prozent zu steigern, habe die Uni bereits erreicht, berichtete Hardtmann nun dem Unirat und Senat – „da sind wir sehr stolz drauf“. Aktuell seien 44 von insgesamt 247 Professuren mit Frauen besetzt, demnächst seien es sogar 54, sagte Hardtmann im Blick auf zehn laufende Berufungsverfahren.

 

So erfolgreich waren die Bemühungen um eine Erhöhung des Studentinnenanteils nicht: Bereits vor vier Jahren wurden 40 Prozent angepeilt, doch der Frauenanteil bei den Studierenden stieg in diesem Zeitraum lediglich von 31,8 auf 32,8 Prozent. Besonders unattraktiv für Frauen scheinen die Fakultäten Konstruktions-, Produktions- und Fahrzeugtechnik (13 Prozent Studentinnen), Luft- und Raumfahrttechnik und Geodäsie (14 Prozent) sowie Informatik, Elektrotechnik und Informationstechnik (18 Prozent) zu sein.

Dennoch zeitigten auch in diesen Bereichen die Bemühungen der Uni bereits Wirkung: So konnte in allen Studiengängen, die an den Schülerinnenprojekten beteiligt waren, der Anteil der Studentinnen seit Projektbeginn im Jahr 1997 bis zum Wintersemester 2016/17 deutlich gesteigert werden – zum Teil sogar auf mehr als das Doppelte, etwa in Elektro- und Informationstechnik sowie in Technischer Kybernetik, deren Studentinnenanteile vor 20 Jahren unter fünf Prozent lagen.

Mit Talent-Scouting soll der Frauenanteil im Mittelbau gesteigert werden

Im akademischen Mittelbau geht Hardtmann die Steigerung des Frauenanteils „zu langsam“. So ist es immer noch nicht gelungen, den Zielwert von 30 Prozent zu erreichen, trotz Mentoringprogrammen. Tatsächlich stieg der Anteil der Wissenschaftlerinnen seit dem Jahr 2013 von 24,3 auf 26,2 Prozent. Deutlich unter 20 Prozent liegt er in den bereits genannten Fakultäten sowie mit dem geringsten Anteil von 14 Prozent in der Fakultät Mathematik und Physik.

Hardtmann kündigte an, mittels Konzepten für ein Talent-Scouting wolle man den Frauenanteil im Mittelbau steigern. „Wir wollen mehr Frauen zur Promotion ermutigen“, erklärte Hardtmann dieser Zeitung. Viele Frauen verzichteten bei dem attraktiven wirtschaftlichen Umfeld in Stuttgart darauf und wechselten statt dessen gleich zu Unternehmen. Doch auch dort mache es bei der beruflichen Perspektive einen Unterschied, ob eine Frau promoviert sei oder eben nicht.

Mittlerweile empfiehlt die Gleichstellungsbeauftragte jedem neu berufenen Professor und jeder Professorin, talentierte Studentinnen einzuladen und auf eine Promotion anzusprechen. Diese Strategie habe sich bereits bewährt. Schließlich ist eine Steigerung beim Frauenanteil auch eine wichtige Kennziffer bei der Bewertung und Förderung von Forschungsprojekten.

Wirft man allerdings einen Blick in die Besoldungsgruppen des Mittelbaus, so fällt auf, dass der Frauenanteil steigt, je niedriger die Besoldungsgruppe ist. Und auch das Hangeln von befristeter zu befristeter Anstellung an der Universität mag so manche Studienabsoventin vor einer Promotion zurückschrecken lassen.

In der obersten Führungsebene hat die Gleichstellung Fortschritte gemacht: So bestand der Unirat im vergangenen Jahr zu 45,5 Prozent aus Frauen, das sechsköpfige Rektorat sogar exakt zur Hälfte. Letzteres wird sich bereits im Januar 2018 wieder verändern, da dann ein Kanzler die Kanzlerin ablösen wird. „Bei den Fakultätsvorständen können wir noch eine Schippe drauf legen“, meinte Hardtmann im Blick auf deren mageren Frauenanteil von 13,8 Prozent. Und unter den zehn Dekanen der Hochschule sei gerade mal eine Frau.

Was sich Gabriele Hardtmann wünscht, die zum Jahresende in den Ruhestand geht? „Gleichstellung müsste in alle Steuerungsprozesse reinkommen.“ Und: „Man müsste auch ein Gleichstellungscontrolling einführen.“ Somit könnte man den Erfolg der Zielvereinbarungen in jeder Fakultät überprüfen.

Erneut darf die Universität das Label „familiengerechte Hochschule“ tragen. Als Vorzeigeprojekt plane man gemeinsam mit dem Studierendenwerk eine unieigene Mint-Kita mit 40 betrieblichen und 20 öffentlichen Plätzen auf dem Grundstück neben dem Kinderhaus Pfaffenwald. Das Besondere daran: erstmals ermögliche man, dass Kita und studentisches Wohnen in einem Haus stattfinden können – „ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Hardtmann. Der Architektenwettbewerb hierzu werde gerade vorbereitet.