Wer durch unser Land reist, ist den vermeintlich sprachgenialen Purzelbäumen der Kreativtexter ausgeliefert, schreibt Paul Kreiner.

Stuttgart - Der Zustand dieser Republik? Wer diese einmal, nach längerem zeitlichen Abstand, der Länge und der Breite nach bereist, der kann nur zu einem Ergebnis kommen: Deutschland ist ein einziger Kalauer geworden. Das geht los am Flughafen Düsseldorf, der sich zum „Airlebnis“ stilisiert, und draußen gleich weiter an den Fast-Food-Buden: „Hallo Pizza – Biss gleich!“ Oder: „Don’t worry, be Curry!“. Die Modeboutique in Halle trägt den Namen „Bonnie & Kleid“, der Zweiradladen ein paar Straßen weiter nennt sich „Fahrradies“, und am bunten Türschild der dazugehörigen Kinderabteilung sieht man noch so richtig, wie sich die Kreativtexter voller Begeisterung über ihre sprachgenialen Purzelbäume auf die Schenkel geschlagen haben müssen: „Fahrradieschen“ heißt sie.

 

In Leipzig werben die Stadtwerke für „Gas und Strom zum Einheizpreis“; die in Reutlingen loben ihre „faire“ Energie – was immer das sein soll – unter dem Slogan „Fairliebt, Fairlobt, Fairheiratet“ aus. Auf der Elbe vor Dresden dümpelt ein Schiffsrestaurant, das offensichtlich etwas von barocker Kunst und den berühmten Stadtansichten des italienischen Malers Canaletto versteht, bei dessen Namen sich aber nur noch die Zehennägel aufrollen: „Kahnaletto“ nennt es sich. In Frankfurt wiederum will ein Reiseunternehmen „Allemán nach Spanien!“ schippern. Ob auch dort die günstigen Handytarife fürs Surfen gelten, die in einer Fußgängerzone unter dem Slogan „Flat-astisch!“ angepriesen werden, bleibt freilich offen. Wobei: Wenigstens die Hallenser müssen gar nicht erst verreisen. Sie kriegen schon die Liegestühle, die in der Stadt – gegen mehr oder minder dringenden Verzehrzwang – zum Gebrauch herumstehen, unter dem Motto „aus Liege zur Sonne“ offeriert.

„brett-à-porter“

Wer in Tübingen ein Snowboard oder ein Skateboard braucht, geht natürlich zu „brett-à-porter“. Und wer was für den Kopf braucht (kein Brett natürlich!), der kann sich landauf, landab vor dem überschäumenden Denglisch der Friseursalons schon überhaupt nicht mehr retten: „Hairlich schön!“, „Hin und Hair“, „Haireinspaziert“ oder gar – um Himmels willen, München! – „Hairgott“.

Welche Wohltat dagegen die schnoddrige Sprachschlichtheit der Berliner Stadtwerke! „Gebt alles!“ schreiben sie – an ihre städtischen Mülleimer.