Der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till weiß genau, wer sich in seinem Gemeinderat tummelt: Lehrer, Rentner und Hausfrauen. Das hat er jetzt in Dresden verraten.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Was macht der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till, wenn er sich mal unter Seinesgleichen fühlt? Natürlich das, was alle Bürgermeister gerne tun: er lästert über seinen Gemeinderat. Hören wir doch mal rein, was der Oberschultes vor kurzem beim Forum der Kommunalen Gemeinschaftsstelle, einer Art Familientreffen der Kommunen, im Kongresszentrum in Dresden zum Besten gegeben hat: „Im Stadtrat“, so urteilte Till vom Podium herab, „trifft man Lehrer und Lehrer und Pensionäre und Pensionäre und dann wieder Lehrer und“ – ach ja – „ab und an eine Hausfrau“.

 

Wie üblich dürften die Zuhörer Tills Späßle auf Kosten anderer nicht verstanden haben, deshalb zählen wir einfach mal durch im Göppinger Gemeinderat: Bei den Paukern kommen wir auf sieben, bei den Pensionären auf sechs. Und dann haben wir noch Barbara Schrade. Die Grünen-Rätin gibt seit Jahren wacker „zur Zeit Hausfrau“ als Beruf an, ist inzwischen im Rentenalter, wird aber von den meisten für eine Lehrerin gehalten. Das zählt dreifach.

Lehrer und Pensionäre sind unter den 40 Räten also gut vertreten. Eine Mehrheit haben sie aber nicht. Was kein Wunder ist. Schließlich trifft man im Stadtrat auch Handwerksmeister und Handwerksmeister und Polizisten und Polizisten und ab und an einen linken Schulpsychologen mit Theologiediplom. Doch an den will der OB auswärts natürlich nicht denken.

Fragt sich, was uns Till mit seiner klischeehaften Charakterisierung sagen will: Dass seine Stadträte immer ordentlich ihre Hausaufgaben erledigen? Dass sie ein bisschen zu viel Zeit haben? Dass sie entweder alles besser wissen oder senil sind? Dass manche ab und an Spülhände haben?

Überraschend ist, dass Till in Dresden überhaupt auf dem Podium saß. Schließlich ging es bei der Veranstaltung „Politik im Entscheidungsprozess – kann und muss sein“ laut Ankündigung um die Frage: „Wie kann eine Kultur des vertrauensvollen Umgangs entwickelt und gepflegt werden?“ Naja, vermutlich wollten die Organisatoren wissen, wie politische Entscheidungsprozesse ohne einen vertrauensvollen Umgang funktionieren. Für diese Lehrstunde liegen sie mit Göppingen natürlich goldrichtig.