Glücksspieler müssen weiter flexibel sein: Weil die TV-Sender sich sorgen, dass Zuschauer bei der Ziehung der Lottozahlen wegzappen, gibt es nur noch eine Kurzversion. Die Vergabe der ausgeschriebenen Lizenzen für Sportwetten kommt derweil nicht voran.

Stuttgart - Es ist ganz schön Bewegung im Lotteriegeschäft. Immerhin ein Thema wurde abgeräumt: Monatelang hat man mit den TV-Anstalten verhandelt, um eine Fernsehtradition nicht ganz sterben zu lassen. Zwar wird es von Juli an keine Live-Übertragung der Ziehung der Lottozahlen mehr geben. Doch hat die Lotterie künftig wenigstens einen festen Platz.

 

Beginnend mit der Ziehung am 3. Juli werden im ZDF mittwochs immer um 18.54 Uhr vor der „Heute“-Sendung und im Ersten samstags um 19.57 Uhr die Gewinnzahlen bekannt gegeben. Wer die Ziehung beobachten will, kann das auch weiterhin tun, muss dazu aber ins Internet unter www.lotto.de. Dort wird eine moderierte und öffentliche Ziehung mittwochs von etwa 18.10 Uhr an und samstags von etwa 19.10 Uhr an live auf der Homepage des Lottoblocks ausgestrahlt.

„Das hat uns versöhnt,“ sagt die Geschäftsführerin von Toto-Lotto Baden-Württemberg, Marion Caspers-Merk. Das seien „sehr gute Sendeplätze mit hoher Zuschauerzahl“. Im Land füllen im Durchschnitt jede Woche 2,5 Millionen Menschen einen Lotto-Tippzettel aus und fiebern potenziell bei der Ziehung mit. Bei der Samstagsziehung habe man etwa drei Millionen Zuschauer, sagt Caspers-Merk.

Wenig attraktives Kugelngucken

Dennoch wollten die Sender das Format abschaffen – und zwar schon vor der Ziehungspanne, wie die Lotto-Leute betonen. Zum einen hätten vergrätzte Fans den TV-Anstalten am Telefon ihren Ärger vorgetragen, wenn sich die Trommel erst mit Verspätung in Bewegung setzte; planmäßig wie am Wochenende des European Song Contests oder unplanmäßig, wenn die Unterhaltungssendung mal wieder überzieht. Zum anderen finden Nichtspieler fünf Minuten Kugeln gucken wenig attraktiv und zappen weg. Auch das passt ARD und ZDF nicht. Nun soll es eine kurze moderierte Sendung geben, in der die Gewinnzahlen unters Volk gebracht werden.

Um dem eigenen Transparenzanspruch zu genügen, will Lotto selbst eine Ziehungssendung von hoher Qualität auf den Weg bringen. Eine Saarbrücker Produktionsfirma wird sie machen. Die Ziehung ist dann live zu besichtigen, auch von mobilen Endgeräten aus. Danach stehe sie auf der Homepage jederzeit zum Abruf bereit. Der Lottoblock bringt damit auch ein finanzielles Opfer, denn bisher gab es die Übertragung umsonst, die eigene Sendung kostet. Die TV-Anstalten seien ja nicht verpflichtet, die Lottozahlen zu verbreiten. Deshalb sei man für diesen Kompromiss doch dankbar, erläutert Marion Caspers-Merk. Die Glücksspielkonkurrenz würde schließlich regelmäßig bei den Sendern vorstellig und ihre Benachteiligung beklagen.

Konkurrenz? Gibt es noch gar nicht

Das mit der Konkurrenz ist das andere Spielfeld. Eigentlich gibt es sie noch gar nicht. Zwar ist der Glücksspielstaatsvertrag schon eineinhalb Jahre alt, der unter anderem das Geschäft mit Sportwetten auf eine neue Grundlage stellte. Doch ist seither noch keine einzige der bis zu 20 Lizenzen zum Betrieb einer Sportwettengesellschaft vergeben worden.

Es sieht auch nicht so aus, dass das bald geschieht. Das ärgert die Lottogesellschaften. Nicht nur, weil sie sich auch um eine solche Erlaubnis beworben, aber eben so wenig wie andere eine bekommen haben. Derweil tummele sich die Konkurrenz bereits im Internet in dem gar nicht vorhandenen Markt. Sie agiere meist vom Ausland aus, binde potenzielle Spieler an sich und zahle weder Steuern oder Abgaben – jedenfalls nicht in Deutschland.

Kritik an den Auswahlkriterien

Das hessische Innenministerium ist bundesweit für die Lizenzvergabe zuständig. Vergangenes Jahr wurden die Betreiberzertifikate europaweit ausgeschrieben. Seither läuft die Auswahl. Die Spielerszene beklagt, dass dies nach nicht nachvollziehbaren Kriterien erfolge. Von 149 Interessenten, die eine der 20 Lizenzen zugeteilt haben wollten, seien 14 private und vier staatliche Unternehmen im Frühjahr zu einer zweiten Präsentationsrunde eingeladen worden, heißt es.

Dagegen sind abgewiesene Bewerber gerichtlich vorgegangen, mal mit weniger, mal mit mehr Erfolg. Am 30. April erkämpfte ein Interessent vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden, dass er der Findungskommission sein Konzept persönlich erläutern darf. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Doch wenn es so weit ist, dürfte er „Präzedenzwirkung haben“, wie der bei Glücksspielsachen oft bemühte Bonner Anwalt Ronald Reichert sagt. Im Ergebnis heißt das, dass die Lizenzvergabe weiter verzögert wird. Bei der Stuttgarter Toto-Lotto Gesellschaft befürchtet man, dass sie erst dann erfolgt, wenn der Markt schon längst verteilt ist.