Eine Sonderausstellung im Stadtmuseum Storchen zeigt die dynamische Entwicklung Göppingens in den Jahren 1955 bis 1980. Auch das Stadtbild verändert sich in diesen Jahren stark.

Göppingen - Die Nachwehen des Zweiten Weltkrieges sind noch spürbar, doch Mitte der fünfziger Jahre bahnen sich in Göppingen rasante Veränderungen an. Sie spiegeln sich nicht nur auf allen gesellschaftlichen Ebenen, sie prägen auch das Stadtbild. Im Jahr 1955 wird das erste Hochhaus in der Stadt gebaut, topmodern, mit Balkonen und Aufzügen. Die Stadtplaner träumen von einer Skyline. Auch der Sport befindet sich im Aufwind – und es manifestiert sich ein neues Selbstbewusstsein. Frisch Auf wird 1960 zum ersten Mal Europameister im Handball. All diese Aspekte greift die Sonderausstellung „Stadt im Wandel. Göppingen in den Jahren 1955 bis 1980“ im Stadtmuseum Storchen auf, die an diesem Mittwoch eröffnet wird.

 

Ein Göppinger holt in Tokio Silber

Nicht nur zahlreiche Fotos veranschaulichen dieses Kapitel Stadtgeschichte. Auch mehrere Filme geben Einblick über das Leben in diesen Jahren. So können Frisch-Auf-Erfolge angeschaut werden oder auch der Sprung des Göppinger Stabhochspringers Wolfgang Reinhardt, der in Tokio im Jahr 1964 unter den anfeuernden Rufen deutscher Schlachtenbummler (im Film sehr gut hörbar: „Zicke, zacke, hoi, hoi, hoi“) mit 5,05 Metern olympisches Silber holte. Nur der Amerikaner Fred Hansen sprang höher. Er schaffte 5,10 Meter.

Ein ganz spezielles Göppinger Kapitel ist der Maientag. Auch er wandelt sich in diesen Jahren, wie in Filmausschnitten zu sehen ist. Im Jahr 1957 gibt es zum ersten Mal beim Umzug einen historischen Teil. „Die Schüler wollten nicht mehr so recht mitmachen, also hat man überlegt, was man Attraktives bieten kann“, sagt Rueß. Die Idee, die Staufer und ihre Zeit wieder aufleben zu lassen, ist geboren. Seither schreitet Friedrich Barbarossa nebst Edelleuten und Edelfräulein beim Maientagsumzug durch die Stadt.

Rege Bautätigkeit in der Stadt

Höher, größer, moderner – auch das Stadtbild befindet sich in diesen Jahren im Wandel. Die ersten Hochhäuser entstehen im Süden der Stadt, dort, wo einst kleine Handwerkerhäuser standen, die man dem damals herrschenden Zeitgeist opfert und einfach abreißt. Auf den Brachflächen entstehen das Allianz-Hochhaus, der Kreissparkassen-Turm, das Landratsamt und das Staufencenter, um nur einige der Neubauten zu nennen. Der Begriff „vertikale Verdichtung“ macht die Runde. Die Stadt soll in die Höhe wachsen, um der immer größer werdenden Bevölkerung modernen Wohnraum zu bieten. Auch Einkaufsmöglichkeiten müssen geschaffen werden, wie das ehemalige Bilka, das heute Woolworth heißt. In dieser Epoche wird auch das Orion errichtet, das später als Frey-Center firmiert und das – nichts ist so beständig wie der Wechsel – schon bald einem Neubau weichen soll. An der Stadtperipherie wachsen Siedlungen für die vielen Heimatvertriebenen aus dem Boden, so auch das Trabantenstädtle im Stadtbezirk Ursenwang.

Dass die kargen Nachkriegsjahre der Vergangenheit angehören, zeigt sich auch an der regen Bautätigkeit der Stadt. Göppingen leistet sich eine Stadthalle, die Ende 1955 eingeweiht wird. Außerdem wird ein Schwimmbad gebaut, das sich für Wettkämpfe eignet, und auch die Hohenstaufenhalle, die heute EWS-Arena heißt, entsteht in dieser Phase der Stadtgeschichte an der Lorcher Straße.

„Göppingen hat sich kaum mehr verändert als in diesen Jahrzehnten; es war die Ära des Oberbürgermeisters Herbert König“, sagt Karl-Heinz Rueß, der Leiter des Stadtarchivs und der Göppinger Museen. Für die Ausstellung hat er auch Informationen aus einem Erzählcafé mit Zeitzeugen ausgewertet.