Weil das Abwasser im Kanal mindestens 15 Grad warm ist, dient es als billige Energiequelle. In Göppingen steht dazu die größte Anlage landesweit.

Region: Corinna Meinke (com)

Göppingen - Eine der größten Anlagen landesweit zur Nutzung von Abwasserwärme steht in Göppingen. Hier werden pro Jahr 500 Megawattstunden Wärme und 330 Megawattstunden Kälte erzeugt, was ausreicht, um die Zentrale der Göppinger Kreissparkasse samt dem Hochhaus mit etwa der Hälfte der notwendigen Heizenergie zu versorgen. Der Spitzenbedarf im Winter wird mit einer Pelletheizung ergänzt. Ökologisch interessant ist die innovative Anlage, die bei der Kreissparkasse den Verbrauch von Gas und Strom senkt: Pro Jahr entlastet sie die Umwelt von 148 Tonnen Kohlendioxid. Die Anlage haben die Stadtwerke Göppingen mit Billigung der Stadt für rund 600 000 Euro bauen lassen. Die Kreissparkasse fungiert lediglich als Abnehmer der Energie.

 

Die Anlagenbauer haben sich etwas einfallen lassen

„Die Bauteile der Anlage wie Wärmetauscher, Kompressoren und Blockheizkraftwerk sind alle längst auf dem Markt“, sagt der Göppinger Baubürgermeister Helmut Renftle. „Originell ist hier allerdings die Kombination der Teile“, lobt er den Einfallsreichtum der Anlagenbauer.

Der Kanal bietet mindestens 15 Grad warmes Abwasser

Die Energie für die Anlage stammt aus dem benachbarten Abwasserkanal, der vor Beginn der Arbeiten sanierungsbedürftig war. Der Kanal transportiere zu jeder Jahreszeit ausreichend große Mengen Abwasser aus den nördlich der Fils gelegenen Stadtteilen samt dem Stauferpark, sagt Helmut Renftle zur Nachschubsituation. Für den Baubürgermeister ist die energetische Abwassernutzung schon deshalb sinnvoll, weil die Abwassertemperatur selbst im Winter nie unter 15 Grad Celsius sinkt.

im Sommer erzeugt die Anlage kalte Luft zum Kühlen

Diese Wärme wird auf einer Länge von 57 Metern zwischen Bahnhof und Unterem Wehr von eigens verlegten Wärmetauschern aufgenommen. Dabei handelt es sich um fünf Millimeter starke Edelstahlplatten, die mit Wasser gefüllt sind. Das aufgeheizte Wasser, das sie durchströmt, wird über eine 200 Meter lange Verbindungsleitung zur Wärmepumpe im Heizkeller der Kreissparkasse gepumpt. Dort verdichtet ein Kompressor die Wärme, die anschließend für Heizzwecke genutzt werden kann. Wenn beispielsweise im Winter ein größerer Wärmeertrag nötig ist, kann auch noch ein Blockheizkraftwerk zugeschaltet werden. Im Sommer funktioniert das Prinzip genau umgekehrt: Der Kompressor versorgt dann die Gebäude mit seiner Kühlleistung.

Für 15 Jahre haben sich die Stadtwerke und die Kreissparkasse vertraglich auf ihre Engergiesparpartnerschaft festgelegt. „Das ist für uns nicht günstiger, aber auch nicht teurer als die konventionelle Energieerzeugung“, begründet Hariolf Teufel, der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse, sein Engagement. „Und es schont auch noch die Umwelt.“

Bis 2050 muss Göppingern energieautark sein

Für den Bürgermeister Renftle ist das Projekt ein weiterer Beitrag auf dem Weg zur energieautarken Stadt, die mit der Halbierung des Energieverbrauchs bis zum Jahr 2050 einhergehen muss. Dazu hat sich die Stadt Göppingen im Zuge des kreisweiten integrierten Klimaschutzkonzepts verpflichtet. Renftle schätzt, dass aus dem Abwasser in der Stadt künftig ungefähr 15 Prozent des Wärmebedarfs gedeckt werden könnte. Damit könnte Göppingen Schule machen. Schon jetzt interessieren sich für die Pilotanlage immer wieder Fachleute aus anderen Kommunen. Kleinere ähnliche Anlagen gibt es bereits in Bietigheim und Tübingen.

Auch das Göppinger Unternehmen Schuler erwägt offenbar, die Abwasserwärme zu nutzen. Nach Renftles Worten wäre diese Wärmequelle auch für das in Planung befindliche technische Rathaus am Bahnhof eine mögliche Energiequelle.