Die zentrale Frage: „Was ist Kunst?“ hat schon Marcel Duchamp vor 100 Jahren beschäftigt. Die Kunsthalle Göppingen hat dazu neue Antworten auf Lager.

Region: Corinna Meinke (com)

Göppingen - Sie kam als allererste Stipendiatin 2003 an die Göppinger Kunsthalle – nun zeichnet sie für alle großen Schauen mitverantwortlich: Melanie Ardjah ist die neue Kuratorin im Göppinger Kunsttempel. Gemeinsam mit dem Kunsthallenchef Werner Meyer will sie weiterhin moderne Kunst aufs Land holen. Ein Anspruch, der der Göppinger Einrichtung längst bundesweit zu sehr gutem Ansehen verholfen habe, wie Ardjah sagt.

 

Die zentrale Frage lautet: „Was ist Kunst?“

Die Kunsthalle bewegt sich in ihrer jetzigen Ausstellung, die den Titel „Der Duchamp Effekt, Readymade“ trägt, auf den Spuren von Marcel Duchamp, dem Mitbegründer der Konzeptkunst. Sie greift dessen zentrale Frage auf, was denn ein Kunstwerk sei. Zu sehen sind dazu 29 Arbeiten von Künstlern wie John M. Armleder mit „Don’t do it“, auf unserem Bild im Hintergrund, über Alicja Kwade bis zu Lasse Schmidt Hansen.

Neu und vertraut gleichermaßen sei ihr die Kunsthalle, meint die in Göppingen aufgewachsene promovierte Kunsthistorikerin, die nach ihrem Stipendium an der Kunsthalle und einem beruflichen Zwischenstopp in Stuttgart an der renommierten Städtischen Galerie Karlsruhe Wurzeln schlug. Dort hat sie Ausstellungen wie „Bildschön. Schönheitskult in der zeitgenössischen Kunst“ konzipiert und die Sammlung des Hauses mit Werken der deutschen Kunst betreut.

An den Frauen kommt der Kunstbetrieb nicht mehr vorbei

Für ihr Schlaglicht auf den Schönheitsbegriff in der Kunst hatte Ardjah 2009 in Karlsruhe Arbeiten namhafter Künstlerinnen, von Marina Abramovic über Keti Kapanadze, Gabriela Oberkofler, Pipilotti Rist bis zu Cindy Sherman, in Szene gesetzt. Dafür hatte Ardjah einen gesellschaftskritischen Ansatz gewählt und auch feministischen Positionen Raum geboten. Das Thema Frauen und Kunst ist in ihren Augen weiterhin hoch spannend und etwas, worauf man achten müsse. Schließlich sei genug gute Kunst von Künstlerinnen vorhanden, und daran komme der Kunstbetrieb nicht mehr vorbei.

Auch den Gang durch die Institutionen des Kunstbetriebs hätten die Frauen längst angetreten, wie es die zahlreichen Museumsleiterinnen im Südwesten belegten. Auf die Frage, ob sie sich als Kunsthallenleiterin in Göppingen bewerben wolle, wenn in wenigen Jahren Werner Meyer altershalber seinen Hut nehmen werde, antwortet Ardjah, die sich für ihre Kuratorenstelle in einem 120 Köpfe starken Bewerberfeld durchsetzte, ausweichend: „Schauen wir mal, wie sich die Dinge entwickeln.“

Die Kunsthalle Göppingen reagiert flexibel

Lieber spricht Ardjah über die Veränderungen in den öffentlichen Sammlungen, wo meist mehr Kunst von männlichen Künstlern zu finden sei. Göppingen schätzt sie auch für die gute Mischung diesbezüglich, und überhaupt werde hier vieles früher umgesetzt und flexibel reagiert. Das hat die neue Kuratorin bereits in ihrer ersten Göppinger Phase erlebt, als sie 2003 gemeinsam mit ihrer Vorvorgängerin Annett Reckert und Werner Meyer die Grundsteine für die heutige Konzeption der Kunstvermittlung am Haus legte. Später exportierte sie beispielsweise die Göppinger Idee des Jugendkunstclubs Artpartment nach Karlsruhe, dort hieß der Club Lux 10.