Das Unternehmen erwirbt nicht nur die Werfthalle und Grundstücke der Stadt, sondern auch das Gelände der Firma Lambert. Nun steht der Firmeninhaber und CDU-Stadtrat Paul Lambert im Verdacht, bei der Abstimmung befangen gewesen zu sein.

Göppingen - Über den, an dem sich die Aufregung eigentlich entzündet, wollen die meisten Göppinger Stadträte im Augenblick noch kaum ein Wort verlieren – noch. Wie jetzt bekannt wurde, kauft die Firma Kleemann, die im Stauferpark Anlagen herstellt, mit denen man Steine zerkleinern kann, nicht nur das 5,5 Hektar große Werfthallen-Areal, sondern auch das Gelände der östlich davon liegenden Firma Lambert, das noch einmal die gleiche Fläche umfasst. Die Firma stellt Sonnenschirme und Markisen her.

 

Laut Medienberichten hatte der Inhaber der Firma, der CDU-Stadtrat Paul Lambert, im Geheimen schon mit Kleemann verhandelt, als im Gemeinderat über den Verkauf des Werfthallen-Areals debattiert wurde. Nun stellt sich die Frage, ob Lambert bei der Abstimmung befangen war und der Handel mit der Stadt damit hinfällig ist.

Regierungspräsidium soll die Sache prüfen

Der Linken-Stadtrat Christian Stähle hat beim Regierungspräsidium (RP) in Stuttgart beantragt zu prüfen, ob sich Lambert hätte aus der Debatte heraushalten müssen. Denn hätte die Stadt nicht verkauft und Kleemann seine Drohung wahr gemacht, aus Göppingen wegzuziehen, hätte Lambert sein Grundstück nicht an die Firma verkaufen können. Der CDU-Stadtrat hat nicht nur für den Verkauf des Areals gestimmt, sondern durch die nichtöffentlichen Sitzungen des Gemeinderats auch eine genaue Kenntnis der Preise, die Kleemann für die städtischen Grundstücke und die Werfthalle bezahlt hat.

Das RP hat den Antrag zunächst an die Stadt weitergereicht. Diese muss nun den Vorgang bewerten und dazu gegenüber der Behörde Stellung nehmen. Je nachdem, wie diese Prüfung ausfällt, schaltet sich die Behörde dann noch einmal ein.

Weder Lambert als auch der Göppinger Geschäftsführer von Kleemann, Gerhard Schumacher, waren am Montag für eine Stellungnahme erreichbar. Auch die Stadtverwaltung möchte sich nicht zu dem Thema äußern. Deshalb ist unklar, inwieweit die Verwaltung über die Verhandlungen zwischen Kleemann und Lambert informiert war. Lambert hat an anderer Stelle bereits zugegeben, mit Kleemann zur Zeit der Gemeinderatsdebatte verhandelt zu haben. Das sei aus seiner Sicht und der seiner Berater aber unproblematisch gewesen. Denn wäre der Handel mit der Stadt geplatzt, so Lambert, hätte er zwar nicht verkaufen, aber stattdessen selbst im Stauferpark erweitern können.

Geschäftsführer hat Gemeinderat unter Druck gesetzt

Während der Debatte im Gemeinderat über den Verkauf des Werfthallen-Areals im April hat Schumacher dem Gemeinderat die Pistole auf die Brust gesetzt. Sein Unternehmen müsse expandieren, wenn es wirtschaftlich erfolgreich bleiben wolle. Gebe es im Stauferpark keine Einigung, werde Kleemann Göppingen verlassen. Das Unternehmen beschäftigt dort rund 500 Menschen, Schumacher kündigte an, mit der Expansion weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Diese Arbeitsplätze wollte die Mehrheit der Stadträte nicht gefährden. Zumal sowohl die Stadt als auch Schumacher argumentiert hatten, dass es außer dem Werfthallen-Areal keine anderen geeigneten Flächen für die Firma gebe.

Der Linke Stähle sagt, dass seine Fraktion sicher gegen den Verkauf gestimmt hätte, wenn die Verhandlungen mit Lambert bekannt gewesen wären. Denn diese zeigten ja, dass es andere geeignete Flächen gebe. Der Fraktionschef der Freien Wähler, Emil Frick, erinnert daran, dass er Schumacher gefragt habe, ob der Flächenhunger von Kleemann mit dem Verkauf des Areals gestillt sei. Dieser habe das bejaht. „Und nun geht Kleemann trotzdem an die Privaten und kauft dort Flächen“, sagt Frick. Aus seiner Sicht sei das eine „gewisse Wortbrüchigkeit“. Der Grüne Alexander Maier fordert deshalb, dass das Unternehmen dem Gemeinderat sagen müsse, was es noch für Pläne im Stauferpark habe. Nicht nur der Grünenchef Christoph Weber will nun die Stellungnahme der Stadt und des RP abwarten und das Thema dann erneut auf die Tagesordnung nehmen.

Kommentar: Debatte nötig

Göppingen - Kein Wunder, dass sich viele Göppinger Stadträte brüskiert fühlen: Im April haben sie sich widerwillig dazu durchgerungen, dem Verkauf der Werfthalle und weiterer Flächen im Stauferpark an die Firma Kleemann zuzustimmen. Das Unternehmen und die Stadtverwaltung hatten argumentiert, dass es keine anderen geeigneten Expansionsflächen gebe. Und es war der Eindruck erweckt worden, dass der Flächenhunger der Firma dann gestillt sei. Nun aber stellt sich heraus, dass Kleemann bereits, während der Gemeinderat noch debattierte, zusätzlich mit der Firma Lambert verhandelt hat.

Natürlich muss ein Unternehmen die Öffentlichkeit normalerweise nicht über Verhandlungen mit Dritten informieren. Im Fall Kleemann aber scheint es, als hätte man absichtlich einen falschen Eindruck erweckt, um die Zustimmung des Gemeinderats zu dem Werfthallen-Geschäft nicht zu gefährden. Einige Stadträte hätten möglicherweise anders abgestimmt, hätten sie von den Verhandlungen gewusst. Die Firma hat zwar rechtlich einwandfrei gehandelt, aber alles andere als fair.

Der Gemeinderat wird über das Thema im Herbst diskutieren, dann geht es in erster Linie darum, ob der Stadtrat Paul Lambert bei der Abstimmung befangen war. Falls dem so ist, ist die Abstimmung nichtig und muss wiederholt werden. Womöglich würde sich Kleemann in dem Fall wünschen, gleich mit offenen Karten gespielt zu haben. Denn das Unternehmen hat viel Vertrauen verspielt. Dasselbe gilt für die Stadtverwaltung, die sich die Frage gefallen lassen muss, inwieweit sie über die Verhandlungen mit Lambert im Bilde war und inwieweit sie geholfen hat, die Stadträte hinters Licht zu führen. Bisher nimmt die Stadt dazu keine Stellung. Im Gemeinderat muss sie es, und das ist gut so.