Ein breites Bündnis von Wohlfahrtsorganisationen stellt die Göppinger Bundestagskandidaten auf den Prüfstand. In einfacher Sprache sollten die Wahlprogramme vorgestellt werden. Das war allerdings gar nicht so einfach.

Region: Andreas Pflüger (eas)

Göppingen - Eine Frau, die es sich im Göppinger Sparkassenforum in der dritten Stuhlreihe bequem gemacht hat, fasst ihre Beobachtungen in einem einzigen Satz zusammen: „Die sind alle ganz schon nervös“, stellt sie beim Blick auf die fünf Bundestagskandidaten und die eine Bundestagskandidatin aus dem Wahlkreis Göppingen fest, die sich vorne an den Stehtischen positioniert haben.

 

In der Tat wirken selbst die amtierenden Abgeordneten Hermann Färber (CDU) und Heike Baehrens (SPD) unmittelbar vor der Veranstaltung „Wahlprogramme einfach erklärt“ merklich angespannt. Konstantinos Katevas (Linke), Hans-Peter Semmler (FDP), Dietrich Burchhard (Grüne) und Volker Münz (AfD) geht es nicht wesentlich anders. Ein breites Bündnis aus Wohlfahrtorganisationen hatte zu der außergewöhnlichen Gesprächsrunde eingeladen, bei der die Politiker sich selbst und die Wahlprogramme ihrer Parteien in möglichst kompakter Form und dabei auch noch in leicht verständlicher Sprache rüberbringen sollten. „Jeder soll alles verstehen können“, so lautete die Devise der Veranstaltung und schnell zeigte sich, dass es mit der einfachen Sprache nicht immer so einfach ist.

Mit drei Minuten Redezeit kommen nicht alle klar

Nur drei Minuten gab es für einführenden Stellungnahmen. Die Stoppuhr tickte herunter und hupte am Ende erbarmungslos. Während Baehrens, die das SPD-Wahlprogramm wirklich aufs Wesentliche und in klaren Worten zusammenfasste, Katevas, Semmler und Münz mehr oder weniger in der Zeit blieben, mussten Färber und Burchhard ihre Ausführungen abbrechen. Die Schwerpunkte wurden dabei durchaus unterschiedlich gesetzt und auch die Positionen waren natürlich verschieden.

Färber fokussierte sich auf die Wirtschaftspolitik, den Bürokratieabbau, die Durchlässigkeit des Bildungsbereichs und die soziale Gerechtigkeit. Baehrens packte auf diese Themen noch die Steuerpolitik, die Teilhabe aller, die staatliche Sicherheit und den Erhalt einer sauberen Umwelt drauf. Semmler hob ebenfalls auf die Bildung und die soziale Gerechtigkeit ab. Ihm waren aber auch Selbstbestimmung, Freiheit und Menschenrechte, eine Modernisierung Europas sowie der Abbau bürokratischer Hürden wichtig.

Katevas überschrieb seinen Kurzvortrag mit den Schlagworten der Linken „Sozial, Gerecht, Frieden – für alle“ forderte einen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde und ein Ende von Armut und Ungerechtigkeit in Deutschland. Burchhard betonte, dass die Grünen Kinder und Jugendliche in das Zentrum ihrer Politik stellten, dass sie die Umwelt im Kopf, die Welt im Blick, die Freiheit im Herzen und die Gerechtigkeit im Sinn hätten. Münz wiederum hob auf seine Partei als Alternative ab und pickte sich die Themen Volksabstimmung, Zuwanderung und Sicherheit sowie Familie heraus.

Stoppschilder „Halt! – Leichte Sprache“ kommen zum Einsatz

Gelang es den Kandidaten – der einen mehr, dem anderen weniger – in diesem Durchgang noch so zu reden, dass „jeder alles versteht“, fiel dies bei den folgenden Themenrunden zu „Arbeit und Bildung“ sowie zu „Sozialer Gerechtigkeit“ offenkundig schwerer. Verteilt auf sechs Stuhlkreise konnten sich die rund 150 Besucher ihren jeweiligen Gesprächspartner frei und im stetigen Wechsel aussuchen. Da fielen dann schon mal Begriffe wie „demografischer Wandel“, „konjunkturelle Evolution“, „prekäre Beschäftigungsverhältnisse“ oder „biologische Diversität“, so dass von den Besuchern immer wieder einmal eines der ausgeteilten Stoppschilder mit der Aufschrift „Halt! – Leichte Sprache“ in die Höhe gehalten werden musste.

Ein wenig schade war auch, dass es nicht allen Moderatoren gelang, die Diskutanten – im Stuhlkreis wie am Stehpult – wieder einzufangen, wenn sie allzu weit abschweiften. So wurde etwa am CDU-Stand vor allem über „sichere Herkunftsstaaten“ und „Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern“ debattiert. Die Themen, um die es wirklich hätte gehen sollen, kamen dagegen viel zu kurz. Dennoch, das zeigte sich am Ausgang, war der Großteil des Publikums zufrieden. Die meisten hatten ihren Wertungsbutton unter ein grinsendes Smiley geklebt.