In der Ruhe liegt die Kraft: Neunt- und Zehntklässler der Ernst-Heinkel-Realschule in Remshalden-Geradstetten lernen im Rahmen des Projekts „Abschlag“ das Golfspielen im Sportunterricht.

Alfdorf - Etikette“ steht groß als Überschrift auf einem Schild am Eingang der Sportanlage. Spätestens jetzt ist wohl jedem klar: das üppige Grün, das da hinter dem Tor lockt, ist nicht zum Fußballspielen gedacht. Zur Etikette, die auf dem Gelände des Golfclubs Haghof bei Alfdorf für den „true spirit“, den „wahren Geist“ des Golfspiels sorgen soll, gehört, Rasenstücke zurückzulegen, den Sandbunker zu rechen, Rücksicht auf die Mitspieler zu nehmen und sein Handy möglichst erst gar nicht aus der Tasche zu ziehen.

 

„Viele denken, Golf spielen ist für Omas und Opas“, sagt Susanne Horst, die an der Ernst-Heinkel-Realschule in Remshalden Sport unterrichtet. Sie selbst golft seit zehn Jahren und weiß, dass man sich bei dieser „technisch anspruchsvollen Sportart“ durchaus auspowern kann – körperlich und mental. „Man kann Golf gemütlich spielen, aber auch sehr sportlich“, sagt Susanne Horst. Bereits vor vier Jahren hat die Realschullehrerin an ihrer Schule einen Schnuppertag Golf angeboten: „Kein einziger Schüler hat sich angemeldet.“

Doch Susanne Horst ist am Ball geblieben und hat sich für das Projekt „Abschlag“ beworben (Siehe dazu „Golf im Schulunterricht“). Nun stehen 17 Schülerinnen und Schüler der Klassen 9 und 10 freiwillig mit ihr auf dem Golfplatz und üben sich im Pitchen, Pullen und Chippen der kleinen eingedellten Bälle. Ungefähr ein Vierteljahr lang steht für die Jugendlichen im Sportunterricht das Golfspielen auf dem Stundenplan – sie hätten sich im Rahmen der Einheit „Freizeitsport“ auch für Kanufahren, Klettern oder Mountainbiken entscheiden können.

„Am Anfang hatte ich schon gemischte Gefühle, ich wusste nicht, was mich da erwartet“, sagt die 17-jährige Jasmin während ihrer mittlerweile vierten Golfstunde. Doch selbst nach dem ersten Training bei sieben Grad und Dauerregen haben sie und ihre Freundin Vanessa festgestellt: „Es macht mehr Spaß als gedacht.“ Tobias und Luca hingegen hat das Golfen von vornherein sehr gereizt – besonders die Aussicht, dass man dabei auch mal ordentlich „draufhauen“ darf. Wobei Susanne Horst betont, dass der übermäßige Einsatz von Muskelkraft ein typischer Anfängerfehler sei.

Stattdessen ist Technik gefragt, und die bringt der Golftrainer James Dawson den Jugendlichen bei. Der Brite arbeitet seit zehn Jahren im Haghof und sagt mit englisch-schwäbischem Akzent: „ Ich kann mir keine Sportart denken, die für die Koordination besser ist als Golf.“ Das Schwierige und zugleich Schöne an der Sportart sei, sich nur auf das kleine runde Etwas zu konzentrieren, ganz ruhig zu sein. „Im Schulunterricht gibt es sonst wenig Sportarten, bei denen man runterkommt“, sagt Armin Wiesner, ein Kollege von Susanne Horst.

Sie hofft, dass im Zuge des Projekts Abschlag auch der ein oder andere Schüler, der in den klassischen Schulsportarten eher nicht punkten kann, auf dem Golfplatz die für ihn passende Sportart findet. „Für Jugendliche sind die Beiträge auf dem Golfplatz relativ günstig.“

Nach einer Übungsrunde auf dem Driving Range – dem Platz, auf dem Golfschüler lange Schläge üben – sind die Jugendlichen auf der Chipping-Anlage zugange und versuchen, den Ball einzulochen. „Ihr seid heute ruhiger und disziplinierter und schon klappt es besser“, lobt Susanne Horst. Nach zwei Stunden ist Schluss. Die Jugendlichen ziehen mit gelben Körbchen unter den Armen los, um die Bälle einzusammeln. Auch das gehört zur Etikette.

Golf im Schulunterricht

Abschlag
Mit dem Schulgolfprojekt Abschlag will der Deutsche Golf Verband (DGV) Talente entdecken und fördern sowie neue Mitglieder werben. Im vergangenen Jahr hat die Vereinigung clubfreier Golfspieler (VcG) im Deutschen Golf Verband 1,25 Millionen Euro für das Projekt Abschlag zur Verfügung gestellt, weitere 284 000 Euro stammten aus DGV- Mitgliedsbeiträgen.

Zielgruppe
Kinder und Jugendliche der Klassen 3 bis 13 sollen das Golfspielen im Rahmen des Schulsports kennenlernen. Das Angebot reicht von Wandertagen über Projektwochen bis hin zu Arbeitsgemeinschaften. Teilnehmer des Golfprojekts waren oder sind im Rems-Murr-Kreis die Grundschule Großerlach und die Ernst-Heinkel-Realschule in Remshalden. Im Rahmen des Projekts werden die Fahrtkosten zum Golfplatz sowie 1800 Minuten reine Trainingszeit finanziert.

Talente
Der Golfclub Haghof bei Alfdorf feiert 2013 sein 30-jähriges Bestehen. Sein Aushängeschild ist der Alfdorfer Max Krämer, der im Jahr 2011 im Alter von 21 Jahren Deutscher Meister der Herren wurde. Für seine Jugendarbeit ist der Club schon mehrfach ausgezeichnet worden.