Google-Chef Eric Schmidt wird nun durch den 38-jährigen Gründer Larry Page abgelöst. Google soll wieder flink und geschmeidig werden.

Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)
Washington - Der scheidende Google-Chef Eric Schmidt hat die Analogie, die sich angesichts des überraschenden Wechsels an der Spitze des Internetgiganten aufdrängt, selbst in Worte gefasst. "Tägliche Aufsicht durch einen Erwachsenen ist nicht mehr nötig", twitterte der 55-Jährige, der an der Spitze des Unternehmens nun durch den 38-jährigen Gründer Larry Page abgelöst wird. Erst 29 Jahre alt war der im Jahr 2001 gewesen, als er Schmidt das Ruder übergab. Drei Jahre lang war Page zuvor an der Spitze von Google gestanden. Doch das auf 200 Mitarbeiter angewachsene Unternehmen war nicht mehr wie eine kleine Garagenfirma zu führen.

Eric Schmidt, der sich schon seit den achtziger Jahren seine Sporen bei eine ganzen Reihe renommierter Softwarefirmen verdient hatte und der andererseits träge, etablierte Firmen wie Microsoft nicht mochte, schien die richtige Mischung aus Erfahrung und unternehmerischer Dynamik zu verkörpern. Seitdem führten Schmidt, Page und der zweite Google-Gründer Sergej Brin, der als oberster Technikbeauftragter eher im Hintergrund geblieben ist, die Firma als Triumvirat. Die ungewöhnliche Führungskonstruktion kann nicht so schlecht gewesen sein. Google wuchs im vergangenen Jahrzehnt auf 24.400 Mitarbeiter, wurde zur unangefochten mächtigsten Internetsuchmaschine der Welt - und meldete unmittelbar vor der Rochade für das vierte Quartal 2010 einen Gewinn von 2,54 Milliarden Dollar, eine Steigerung von 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Page und Schmidt dementieren deshalb, dass hinter dem Rollentausch strategische Divergenzen stehen.

Schmidt war schon eine Weile anzumerken, dass ihm das öffentliche Rampenlicht, das seine Position mit sich bringt, unbehaglich wurde. Der Google-Chef, der etwa US-Präsident Barack Obama als Technologieexperte zur Seite stand, hatte sich in den vergangenen Monaten mit unglücklichen Formulierungen in die Schlagzeilen gebracht. So sagte er im Oktober 2010 dem Fernsehsender CNN, dass Menschen, die nicht wollten, dass ihr Haus von Google im Internet gezeigt wird, doch einfach umziehen könnten. Wenige Tage zuvor war er auf einem Forum der Monatszeitschrift "Atlantic Monthly" ins Fettnäpfchen getreten: "Wir wissen, wo du bist. Wir wissen, wo du warst. Wir können mehr oder weniger wissen, was du gerade denkst", sagte er über die allwissende Suchmaschine. Solche halb scherzhaft gemeinten Sprüche waren das Letzte, was das Unternehmen Google brauchen konnte, das zunehmend mit dem Image der Arroganz zu kämpfen hat.

Facebook tut sich leichter, die besten Mitarbeiter anzuwerben


Doch das war sicher nicht alles. Schmidts Wachstumsstrategie baute auf Akquisitionen. Für 750 Millionen Dollar kaufte er in den vergangenen eineinhalb Jahren etwa Admob, einen Dienstleister für Anzeigen im mobilen Internet, oder für 228 Millionen Slide.com, eine Plattform, die den Austausch von Bildern und anderen digitalen Inhalten erleichtert. Doch dies galt auch als ein Indiz dafür, dass das einst aus eigener Kraft expandierende Google behäbig geworden ist. Vor allem im Vergleich zu Facebook schien man ins Hintertreffen zu geraten. Inzwischen verbringen dessen Nutzer mehr Zeit auf dieser Internetplattform als bei Google. Facebook tut sich zurzeit auch leichter, die besten und ehrgeizigsten Mitarbeiter anzuwerben.

Page, der im Google-Triumvirat als der kreative Denker gilt, soll hier wieder Boden gutmachen. "Eines der wichtigsten Ziele, das ich habe, ist Google zu einer Firma zu machen, welche die Geschmeidigkeit, Seele, Leidenschaft und Geschwindigkeit eines Start-up-Unternehmens hat", sagte Page nach der Entscheidung. Eric Schmidt soll sich im Hintergrund hingegen weiter um das kümmern, wofür er vor zehn Jahren eingekauft wurde: für solide, verlässliche Beziehungen zu Geschäftspartnern und zu den Google misstrauisch beäugenden Regulierungsbehörden. Nun muss sich aber der seine Privatsphäre besessen schützende, bei öffentlichen Auftritten manchmal ungelenk wirkende Page wie Schmidt einer Öffentlichkeit stellen, die gegenüber Google misstrauischer geworden ist. Auch hier ist der Schatten von Facebook nicht zu übersehen.

Dessen 26 Jahre alter Gründer Mark Zuckerberg poliert ganz auffällig sein Image. Kurz nachdem ein wenig schmeichelhafter Film über seine Lebensgeschichte in die US-Kinos kam, machte er beispielsweise durch eine millionenschwere Spende für ein marodes Schulsystem in New Jersey auf sich aufmerksam. Der schon etwas angestaubte Slogan von Google "Don't be evil" ("Tue nichts Böses") wird bei solcher Konkurrenz auf Dauer nicht reichen. Den Worten müssen auch Taten folgen.