Gotthilf Riexinger wird 2017 nicht mehr das Spektakel in Stuttgart leiten – obwohl er das wollte.

Stuttgart - Nur einmal noch, dann ist endgültig Schluss. Das 32. Stuttgarter Reitturnier wird sein letztes sein. Wenn sich vom 16. bis zum 20. November die Weltelite der Reiter und Gespannfahrer wieder am Cannstatter Wasen trifft, hält Gotthilf Riexinger (68) noch einmal das Zepter in der Hand. Seit 1985, seit der ersten Stunde, hat der Möbelkaufmann aus Reutlingen dem German Masters seinen Stempel aufgedrückt, als Turnierchef internationale Maßstäbe gesetzt und einem der besten Hallenturniere Europas über mehr als drei Jahrzehnte sein Gesicht gegeben. Im Herbst scheidet er aus – allerdings nicht ohne Groll.

 

Eigentlich wollte Gotthilf Riexinger, der Sohn eines Landwirts und Pferdezüchters aus Holzgerlingen im Landkreis Böblingen, seinen Abschied aus der Schleyerhalle selbst bestimmen, sich von der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart nichts aufzwingen lassen: „Mein Plan war es, 2017 das letzte Turnier zu verantworten, denn im August kommenden Jahres werde ich 70 Jahre alt – das wäre der richtige Zeitpunkt gewesen, um die sportfachliche Leitung in jüngere Hände zu legen.“ Außerdem, so betont der versierte Turniermacher und weltweit gefragte Kampfrichter im Dressursport, „hätte ich gerne bei der Suche nach einem Nachfolger mitgewirkt, meine Erfahrungen eingebracht – leider hat man mich übergangen, hinter meinem Rücken die Gespräche geführt, übrigens auch mit Sponsoren“. Mehr mag Riexinger dazu nicht sagen, möchte im Bemühen um einen guten Abgang von der Stuttgarter Sportbühne keine schmutzige Wäsche waschen. Die in.Stuttgart wiederum wird sich erst in ein paar Tagen offiziell dazu äußern.

Seit geraumer Zeit schon bröckelt das Vertrauen

Kleine Rückblende: Als der damalige Stuttgarter Sportbürgermeister Gerhard Lang (SPD) 1983 die Eröffnung der Schleyerhalle dazu nutzte, bei den diversen Sportverbänden schriftlich nachzufragen, wer sich zutraue, diese nagelneue Mehrzweckarena als Veranstalter zu mieten, da handelte der Pferdesportverband des Landes ziemlich rasch. Präsident August Föll deutete auf einer legendären Vorstandssitzung mit dem Finger auf seinen dynamischen Landesjugendwart und befahl: „Gotthilf, ich glaub’, du machst es!“ Riexinger, seinerzeit noch ein schneidiger Springreiter mit internationalem Erfolg, dazu ehrgeizig und fest entschlossen, als Funktionär eine Karriere zu starten, krempelte sofort die Ärmel hoch: „Bei unserer Premiere im Oktober 1985 waren HG Winkler, Nelson Pessoa und Paul Schockemöhle am Start“, erinnert sich der Turnierchef, als wäre es gestern gewesen. Schockemöhle war es auch, der damals höchstes Lob spendete: „Stuttgart ist auf Anhieb das beste deutsche Hallenturnier.“

Was vor 31 Jahren unter der schützenden Hand des Messedirektors Rainer Vögele begann – am 20. November 2016 geht es zu Ende. Seit geraumer Zeit schon bröckelt das Vertrauen zwischen der in.Stuttgart, ihrem Geschäftsführer Andreas Kroll sowie dem Hallenchef Manfred Parlow, zugleich Projektleiter beim Reiten. Immer wieder übte Riexinger intern Kritik, hielt der Verwaltung vor, sich nicht genug für das Reitturnier einzusetzen, obschon der internationale Pferdesport immer professioneller, immer schwieriger und immer teurer wird. Kroll und Parlow indessen ging Riexingers gefürchteter Perfektionismus mehr und mehr auf die Nerven.

Die Streitereien häuften sich. Schließlich hatte „ihr“ Turnierchef in den vergangenen Jahren öfter mit seinem Abschied geliebäugelt – kurz gesagt: Die Gemeinsamkeiten sind erschöpft, beide Seiten tragen wohl zu gleichen Teilen die Verantwortung dafür, dass die Zusammenarbeit ein Jahr früher endet als beabsichtigt.

Der Fortbestand des German Masters ist vom persönlichen Hickhack nicht tangiert

Und wie geht es weiter? Der Fortbestand des German Masters ist vom persönlichen Hickhack an der Spitze nicht tangiert, die Termine bis 2018 stehen fest. Was die Führung betrifft, so möchte in.Stuttgart-Geschäftsführer Andreas Kroll das Turnier offenbar niemandem anvertrauen, der eine so starke, sportfachlich unangreifbare Persönlichkeit ist wie Riexinger. Vielmehr sollen Vertragsdinge und Vereinbarungen mit dem Weltverband FEI sowie dem deutschen Verband in Warendorf künftig in eigener Regie gemanagt werden. 2017 dann, zum 33. Turnier, soll der 44-jährige Kai Huttrop-Hage, Geschäftsführer des Gestüts Albführen, unweit der Schweizer Grenze bei Schaffhausen gelegen, die Turnierleitung übernehmen.

Der Turnierdirektor Hauke Schmidt (78) aus Glems, seit 1985 für den Bereich Springsport verantwortlich, durfte indessen seinen Nachfolger selbst ausgucken: Andreas Krieg (55) aus Donaueschingen soll vom nächsten Jahr an die Weltelite an den Neckar holen. Und Gotthilf Riexinger? Der wird auch weiterhin die Baden Classics in Offenburg mitorganisieren.