Trotz knapper Kasse geht Grafenau weitere Bauprojekte an und nimmt neue Darlehen auf. Allein 9,8 Millionen Euro hat die neue Ortsmitte gekostet.

Grafenau - Obwohl Grafenau eigentlich keine großen Sprünge machen kann, plant der Rathauschef Martin Thüringer in den

 

nächsten zehn Jahren Investitionen in Höhe von insgesamt 30 bis 35 Millionen Euro. Dafür will er in diesem Jahr weitere Kredite für eine halbe Million Euro aufnehmen, sodass der Schuldenberg bis Ende des Jahres auf knapp sechs Millionen Euro wächst. Wenn nicht genügend auf der hohen Kante sei und eine Gemeinde ihre Kreditraten aufbringe, sei das okay, sagt Karl Reif, der Finanzreferent beim Gemeindetag des Landes. Das gelte auch für das als finanzschwach eingestufte Grafenau: „Die Darlehen dürfen nicht für laufende Ausgaben verwendet werden.“

Mehr Einnahmen als Ausgaben

Immerhin ist Thüringer in der Lage, die laufenden Kosten durch die Einnahmen zu decken. Das ist nicht nur im aktuellen Haushalt so, das habe man auch schon in den Vorjahren hingekriegt, sagt der Rathauschef der 6500 Einwohner zählenden Kommune. Das motiviert ihn und das Ratsgremium, weitere Projekte in Angriff zu nehmen. Dabei ist soeben erst die neue Mitte Grafenaus fertig geworden, die rund 9,8 Millionen Euro gekostet hat. Entstanden sind neue Wohn- und Geschäftshäuser und ein Marktplatz, den sich die Bürger lange gewünscht hatten. Zudem wurde ein modernes, ehemaliges Firmengebäude als Rathaus umgebaut.

Thüringer hat spitz kalkuliert: mehr als 5,1 Millionen erzielte aus dem Verkauf von Grundstücken, 320 000 Euro flossen aus dem Ausgleichsstock für finanzschwache Gemeinden, über 1,5 Millionen Euro erhielt er aus dem Landessanierungsprogramm – sodass die Gemeinde noch knapp 2,8 Millionen Euro aufbringen musste. Wenn eine Gemeinde ihren baulichen Aufgaben etwa bei der Ortskernentwicklung nachkomme, ist für den Kommunalexperten Reif eine weitere Verschuldung legitim: „Solange sie im Rahmen ist.“ Im Schnitt ist eine Kommune mit 5000 bis 10 000 Einwohnern im Land mit 857 Euro pro Kopf verschuldet. Grafenau kommt auf 925 Euro Ende des Jahres.

Gemeinde zahlt 180 000 Euro Zinsen jährlich

„Wir kommen unseren Kreditverpflichtungen nach“, versichert Thüringer. Allein an Zinsen zahlt die Gemeinde jährlich 180 000 Euro. Mit 17,3 Millionen Euro ist nun der höchste Etat seit Langem verabschiedet worden, der dem Landratsamt zur Genehmigung vorgelegt wurde. Der Etat ist ausgeglichen, deshalb gibt es für Thüringer keine Zweifel, dass er grünes Licht erhält. Um die Ausgaben zu schultern, hat der Gemeinderat mit großer Mehrheit einer Erhöhung der Grund- und Gewerbesteuer zugestimmt. Bis Ende des Jahres plant Grafenau mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 1,5 Millionen Euro. „Wir liegen damit noch unter dem Schnitt einer Gemeinde unserer Größe, die rund zwei Millionen Euro hat“, sagt Thüringer. Deshalb möchte er das Gewerbegebiet Röte mit derzeit sieben Hektar um zwei Hektar ausdehnen und 20 weitere Betriebe ansiedeln.

Auch ein neues Wohngebiet an der Jahnstraße ist geplant, das im nächsten Jahr in Angriff genommen werden soll. Für neue Sportanlagen ist eine Projektgruppe gebildet worden, die eine Bedarfsanalyse erstellt. Zudem muss die Gemeinschaftsschule ausgebaut werden. Kosten: 2,5 Millionen Euro. Auch der Bau eines neuen Feuerwehrhauses für circa 4,5 Millionen Euro wird diskutiert. Darüber hinaus muss die Gemeinde in puncto Hochwasserschutz etwas unternehmen, und einige städtische Gebäude warten schon lange auf die Sanierung. „Wir stehen vor großen Herausforderungen“, sagt Thüringer – finanzschwache Gemeinde hin oder her.